DAWN RAY’D, WAIVE / 27.10.2016 – Kiel, Alte Meierei

„Na, willste dir ein Freigetränk für Samstag sichern?“ Der Kalauer musste ja kommen…

Aber davon ab: Smarter Move von der INFERNAL CRUST BRIGADE, den ersten 15 Besucher*innen des heutigen Abends zwei Freigetränke für Samstag zu versprechen, den nächsten zehn dann immerhin noch eins. Ob der im Vergleich zu anderen ICB-Veranstaltungen leicht erhöhte Besucherandrang an dieser Ankündigung liegt, dadurch z.B. ein paar Unentschlossene, die mit beiden Konzis liebgeäugelt hatten, in die Meierei gelockt wurden, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht liegt es auch einfach am guten Eindruck, welchen DAWN RAY’D letztes Jahr im Mai hier hinterlassen haben.

von dremufuestias.de

Entschleunigten Hardcore Doom wuchten die Hamburger von WAIVE in die Meierei. Der Ofen brüllt heute richtig, es ist so warm, dass sich alle Anwesenden ganz schnell aus diversen Klamottenschichten schälen. Deshalb hat Herb das Konzi also als WARM-UP angekündigt, höhö. (Interessanter Nebeneffekt: Als ich mich meines Pullis und meiner Jacke entledigt habe und meine Kutte übers Shirt ziehe, kühlt diese zunächst regelrecht…) Dann konzentrieren sich alle so langsam auf die Musik. Und in diese kann mensch sich fallen lassen und ins Doom-Nirwana driften. Wobei der Fünfer das Tempo auch immer wieder anzieht und recht brutale Sludgeparts offeriert. Am faszinierendsten sind aber die langsamen, sphärischen Passagen, in denen sich der Bassist sein Plektrum sonstwohin steckt und mit den Fingern richtig auf den Saiten herumwühlt. Abgefahrenes Gewaber, welches in meinem Inneren das Gefühl erzeugt, als hätte jemand meine Gedärme in eine Waschmaschine gesteckt und den Schleudergang gedrückt. Mächtig!

DAWN RAY’D haben ein wappenartiges Banner zwischen das Frontduo gestellt – Floorshow with a difference. Plötzlich wütet das Threepiece aus Nordengland hasserfüllt los. Purer Black Metal, könnte man zunächst denken. Dann aber legt der Sänger mitten im Song sein Mikro weg und greift zu einer E-Geige, der er wunderschöne Melodien entlockt, zu denen dir Bildassoziationen von wilden englischen Landschaften durchs Hirn blitzen. Eine höchst eigenständige Band, die sich neben dem musikalischen Ansatz auch inhaltlich vom typischen Klischee unterscheidet – denn wie der Sänger sympathischerweise verdeutlicht, unterstütze die Band jeglichen Boykott von NSBM-Scheiße. Right on! Darüber hinaus beinhalten die Texte anarchistische und herrschaftskritische Ziele, als Beispiel sei „A Colony Of Fevers“ genannt:

„We will bring a close to your supremecy,
Put an end to you illegitimate power.
You are a thorn in the side of the honest,
A blight on the lives of the good.
Moral outrage is again betrayed
By the comfort of calm.
Filth, filth, filth will be the cry;
So that you are dehumanised!

Every time you turned your guns on civil rights,
Every time you told a rape victim she lied,
Every single pig, every single time,
Is the guardian of privilege,
And an enemy of mine.

For some of you we’ll just blame the system,
Some of you will be given a chance,
But once this nightmare is over
You’ll no longer be able to blame circumstance.“

Insgesamt muss von einer hohen Qualität in der musikalischen Darbietung gesprochen werden – vom furiosen Drumming über das Spot-On-Gekeife bis hin zu den fräsenden Riffs. Und gleichzeitig kommen DAWN RAY’D nicht zu verkopft rüber, sondern haben dieses rasende Element ursprünglichen Black Metals in ihrer Musik. Der Auftritt ist zwar kurz, aber derart intensiv, dass man danach im besten Sinne gesättigt ist. Mehr wäre übertrieben…

Ich schließe mit dem Tipp, sich das Album „A Thorn, A Blight“ zuzulegen.