Chanson-Piraten auf Kaperfahrt

LaReplik vermischten in der Kieler Alten Meierei gekonnt Punk und Folk
Kiel – Wären sie Iren, sie klängen tatsächlich wie die frühen Pogues. Mit Klopper-Trommel, Akkordeon, Banjo und Kontrabass hetzen LaReplik aus dem schönen Frankreich durch die ersten Nummern ihres Programms, während sich die Alte Meierei immer mehr füllt mit illustren Gästen, die der hervorragende Leumund dieser Band locken konnte. Nackte Oberkörper oder Shirts mit dem LaReplik-typischen Jolly Roger über gekreuzten Entersäbeln glänzen im Bühnenlicht, als chansoneske Septakkorde und die Verschmelzung von Punk und Ska einen grandiosen Partyabend versprechen.

Reihten schweißtreibend Song an Song:
LaReplik aus Frankreich.
Foto Bevis

Folie Des Glandeurs heißt das jüngste Werk der Band, deren Frontfrau – eine Mischung aus Nina Hagen und Nena im Endverbrauch – schrille Backing-Vocals über die zerhackten Linien ihres männlichen Counterparts legt. Auch die Inhalte der französischen Texte zeigen eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit den Pogues in ihrer Vermengung von Poesie und Politik. Mit kuscheliger Wohlfühl-Bettwäsche hat dies nichts zu tun, schweißtreibend wird Song an Song gereiht, selten die Drei-Minuten-Schranke pro Stück geknackt, dafür häufig mit überraschenden Wendungen aufgewartet: Walzertakt, Hardcore-Pogo, wuselige Akkordeon-Soli, der Fantasie scheinen kaum Grenzen gesetzt. Von Beginn Honoriert das Publikum die engagierte Darbietung durch lautstarken Jubel und wilden Tanz.

Seit zehn Jahren gibt es die Band bereits, der Ruf des „Chanson Realiste“ haftet ihr seitdem an. Die Band 17 Hippies oder die baskischen Skunk wären als mögliche Vergleiche zu nennen, wenn LaReplik auch eine ganze Menge mehr Dynamik an den Tag legen. Straßen-Folk wäre eine weitere Schublade, und für jene Ursprünglichkeit zeichnen vor allem Bassist Kristoph und Jean-Marc „Yougli“ (Banjo) verantwortlich, die sich mit traumwandlerischer Sicherheit durch die Myriaden an Tönen und Läufen bewegen. Kristoph verfällt da schon mal in rockabilly-artige Handschlagtechnik unter Schraddelgitarre und Treibhausschlagzeug.

Zugegeben, die Vereinigung von Punk und Folk ist ein alter Hut, doch LaReplik schaffen es, die Zauberformel neu zu sprechen und dadurch dem Ganzen zu Form und Inhalt zu verhelfen, weitab jeglichen Bierzelt-Ausverkaufs. Das Freibeuter-Logo wurde zudem wohl kaum zufällig gewählt: LaReplik sehen sich als Chanson-Piraten unter anarchistischer Flagge, aufbegehrend gegen gesellschaftliche Unterdrückung und Engstirnigkeit konservativ geprägter Bevölkerungsanteile. Im Vordergrund bleibt jedoch ihre Musik, die heute Abend dafür sorgt, dass LaReplik sich eine ganze Reihe neuer Fan-Herzen erschließen.

Von Carsten Purfürst