Allerneuester Pressespiegel

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25. November 2013, KN: 160 Kieler feierten Party gegen rechtsextreme Regungen

Ravender Protest gegen rechts: Über die Gablenzbrücke zogen die Demonstranten nach Gaarden auf den Vinetaplatz

Kiel. "Nazis wegbassen!" Diesem Motto folgten am Freitagabend nach Angaben der Polizei 160 junge Kieler, die in einem Rave-Umzug vom Europa- zum Vinetaplatz tanzten. Pure Party war das natürlich nicht. Die Aktion sollte darauf aufmerksam machen, dass auch in Kiel an allerlei Ecken rechtsextreme Regungen zu beobachten sind. Die NPD nach wie vor in der Ratsversammlung vertreten, auf dem Europaplatz eine Heilpraktikerei, die dem ehemaligen Vorsitzenden der inzwischen verbotenen "Heimattreuen deutschen Jugend" gehört, auf dem Vinataplatz ein Geschäft, in dem sich nach Angaben der für die Demo zuständigen Initiative "An die Substanz" "bekannte Gesichter der gewaltbereiten Neonazi- und Rockerszene" treffen: Auf solche Phänomene wollte man hinweisen. mag

Quelle: Printausgabe der Kieler Nachrichten vom 25.11.2013.


14. August 2013, KN: AfD-Infostand angegriffen

Kiel. Ein Info-Stand der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) ist gestern in Gaarden zerstört worden. Gegen 12.20 Uhr seien vier Männer auf die Parteimitglieder zugestürmt und hätten sie zur Seite gestoßen, teilte ein AfD-Sprecher mit. "Wir sind völlig entsetzt über die Gewaltbereitschaft. Solche Zustände sind in einer offenen, demokratischen gesellschaft untragbar. Wenn Meinungen gewaltsam unterdrückt werden können, ist Demokratie nicht möglich", sagte Landessprecher Jannis Andrae aus Bargteheide. "Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung", bestätigte Behördensprecherin Merle Neufeld. gsc

Quelle: Printausgabe der Kieler Nachrichten vom 14.8.2013.


14. August 2013, KN: 100 Einsatzkräfte bei der NPD-Kundgebung

Kiel. Mit mehr als 100 Einsatzkräften hat die Polizei gestern eine Kundgebung der NPD auf dem Asmus-Bremer-Platz gesichert. Die etwa 15 Mitglieder des Bundesvorstandes der Partei waren gegen 9.30 Uhr gekommen und hatten ihre Parolen über Lautsprecher verbreitet. Die Antifa Kiel hatte am Tag zuvor im Internet zu einer Gegendemonstration aufgerufen und etwa 100 Sympatisanthen mobilisiert. Darunter waren Lokalpolitiker der Grünen und der Linken. Mit Sprechgesängen und mechanischem Geheul veranstalteten die Nazi-Gegner einen derartigen Lärm, so dass die Reden von dem Kieler Ratsherren Hermann Gutsche und dem NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel darin untergingen. Es flogen drei Eier und einigen Tomaten, die die NPDler aber nicht trafen. Zu Ausschreitungen kam es nicht. Gegen 10.30 Uhr fuhren die Nazis unter Polizeischutz davon. gsc

Quelle: Printausgabe der Kieler Nachrichten vom 14.8.2013.


4. Mai 2013, rtn: Friedliche Demo gegen Laden der rechten Szene

Kiel (rtn) Für einen solidarischen Stadtteil ohne Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus haben mehrere hundert Menschen am Sonnabend im Kieler Stadtteil Gaarden demonstriert. Der Protest richtete sich vor allem gegen den Laden "PLS-Werkzeuge", der im Dezember vergangenen Jahres am Vinetaplatz eröffnete, und zu dem landesweite Vertreter der rechten Szene gehören. Die Polizei sicherte die Demonstration mit einem größeren Aufgebot. Der Aufzug war bunt und friedlich. Zu Zwischenfällen kam es nicht.

Quelle: radio tele nord


4. Mai 2013, KN: Gaarden duldet keine Nazis

Demo in Kiel
Von Martin Geist

Die Kieler Polizei war sicherheitshalber mit großem Aufgebot angerückt, doch alles blieb ruhig. Etwa 600 Menschen haben am Sonnabend friedlich für einen toleranten und solidarischen Stadtteil Gaarden demonstriert – und gegen den Laden „PLS-Werkzeuge“, der im Dezember am Vinetaplatz eröffnet hat und hinter dem landesweit bekannte Vertreter der rechten Szene gehören.

Kiel. „Der Naziladen muss weg“. „Gaarden, Gaarden, das sind wir, wir wollen keine Nazis hier“. Parolen dieser Art schallten allenthalben durch die Straßen, während einigen Redebeiträgen differenziertere Betrachtungsweisen zu entnehmen waren. Norbert Aust, Leiter des Theaters im Werftpark, zitierte Bertold Brecht, der kurz nach dem Krieg feststellte: „Das Gedächtnis der Menschen für vergangene Leiden ist erstaunlich kurz.“ In eigenen Worten sprach sich Aust für eine „vielfältige und lebendige Kultur des Miteinanders in Kiel“ aus.

„Wir verabscheuen Gewalt“, bekundete derweil Cebel Kücükkaraca, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein. Ob die Motive dabei linker, rechter oder religiöser Art sind, spiele keine Rolle. Kritisch ging Kücükkaraca auf die Ermittlungen im Fall der NSU-Morde ein: „Wir möchten unseren Sicherheitsbehörden vertrauen können und sicher sein, dass wirklich alles Erdenkliche getan wird, um Gewalttaten aufzuklären – unabhängig davon, wer die Opfer sind.“

Gut gewappnet gegen mögliche Ausschreitungen zeigte sich am Sonnabend die Polizei. Als der Demonstrationszug zum Schluss auf dem Vinetaplatz angelangte, sicherte sie den in der Kritik stehenden Laden mit Autos und Einsatzkräften weiträumig ab. Das zeigte offensichtlich Wirkung. Versuche, das auch mit einschlägigen Einbruchswerkzeugen handelnde Geschäft zu attackieren, gab es nicht einmal im Ansatz.

Quelle: KN


18. April 2013, ND: 15 rechte Kandidaten aus einem Hochhaus

Kommunalwahl in Schleswig-Holstein rückt näher
Von Dieter Hanisch, Kiel

Am 26. Mai stehen in Schleswig-Holstein Kommunalwahlen an. In einigen Regionen bereiten sich die NPD und andere rechtsextreme Gruppen intensiv darauf vor.

In Schleswig-Holstein gibt es in diesem Jahr neben der Bundestagswahl noch einen zweiten Urnengang: Am 26. Mai stehen Kommunalwahlen an. Dafür gibt es keine Fünf-Prozent-Hürde mehr – Neonazis rechnen sich Chancen aus. Landesweit gibt es zwei konzentrierte Kandidaturen der NPD sowie zwei Tarnlisten, hinter denen ganz offenkundig braune Drahtzieher stecken.

Bei den vergangenen Kommunalwahlen schaffte es die NPD, einen Ratsherrn ins Kieler Stadtparlament zu schicken und einen weiteren Aktivisten in den Kreistag des Herzogtum Lauenburgs. Die Nationaldemokraten scheiterten damals dagegen in den Kreisen Nordfriesland und Ostholstein.

NPD-Mann auf Platz 1

Auch 2013 ist die im nördlichsten Bundesland eher schwächelnde NPD von einer landesweiten Kandidatur weit entfernt. Sie strebt diesmal Mandate in den Kreistagen von Pinneberg und in der kreisfreien Stadt Neumünster an. In Kiel bewirbt sich eine Wahlalternative Kieler Bürger (WKB), an deren Spitze der bisherige NPD-Ratsherr Hermann Gutsche steht. Im Kreis Herzogtum Lauenburg heißt das Rechtsaußen-Label neuerdings Rechtsstaatliche Liga (RL). Auch dort befindet sich mit Kay Oelke der bisherige NPD-Vertreter auf Listenplatz 1.

Oelke spricht davon, dass er die NPD verlassen wolle und dass sich die RL in erster Linie aus früheren Mitgliedern der »Schill-Partei« zusammensetze, deren Landesvorsitzender er auch einmal gewesen ist. Auf der RL-Kandidatenliste finden sich immerhin die Namen von acht Personen, die auch schon vor fünf Jahren für die NPD um Stimmen geworben haben. In einem Wahlflugblatt wettert die RL unter anderem gegen »Scheinasylanten«.

Die WKB in Kiel könnte dem Betrachter fast skurril vorkommen. Sie hat stadtweit 25 Direktkandidaten, doch 23 von ihnen kommen aus einem Stadtteil, 15 von ihnen wohnen gar in ein und demselben Hochhaus im sozialschwachen Mettenhof. Der frühere Taxiunternehmer Gutsche hat dagegen seinen Wohnsitz in der Innenstadt. Die neue WKB-Strategie heißt »Protestliste«, abhängig von der Wahlbeteiligung können rund 1,6 Prozent der Stimmen bereits den Einzug ins Rathaus bedeuten. Je größer die Wahlbeteiligung ist, desto größer wird in diesem Fall jedenfalls auch die benötigte Prozentzahl für die Erringung eines Sitzes.

Hochburg Neumünster

Im Kreis Pinneberg, wo der NPD-Landesvorsitzende Ingo Stawitz zu Hause ist, tritt die Partei flächendeckend an. Knapp die Hälfte der Kandidaten stammt aus der Kleinstadt Uetersen, dem Heimatort von Stawitz. Auch der stellvertretende Landesvorsitzende Kai Otzen aus Pinneberg gehört zum Kreis der Kandidaten.

In Neumünster erzielte die NPD in der jüngeren Vergangenheit bei Wahlen – egal ob für den Bundestag, den Landtag oder das Europa-Parlament – stets mit die besten Parteiergebnisse im landesweiten Vergleich. Dort schickt die NPD jetzt stadtweit Bewerber ins Rennen, die bis vor nicht allzu langer Zeit stets abgestritten hatten, Verbindungen mit der rechten Szene zu haben. Das hat das örtliche antifaschistische Bündnis zum Beispiel über den Wirt und Pächter der Gaststätte »Titanic« sowie dessen Stiefsohn recherchiert.

Quelle: Neues Deutschland


16. April 2013, NDR: Rechter Verlag im Visier der Staatsschützer

von Stefan Eilts

Ein unscheinbarer Wohnblock – mitten im Kieler Stadtteil Ravensberg: Hier hat der harmlos klingende Regin-Verlag seinen Sitz. Die Publikationen des bundesweit agierenden kleinen Unternehmens sind nach Ansicht von Experten aber alles andere als harmlos. Der Verlag veröffentlichte unter anderem Bücher von Autoren mit rechter Gesinnung. Darüber hinaus haben Recherchen von NDR 1 Welle Nord und Schleswig-Holstein-Magazin ergeben, dass ein künftiger Autor Teil des Ermittlungsverfahrens im NSU-Prozess ist.

Verlag ist dem Verfassungsschutz bekannt

Nach Einschätzung des Rechtsextremismus-Experten Volkmar Wölk (Die Linke) erfüllt der Regin-Verlag in der rechten Szene eine wichtige Funktion: Er verbinde mit seinen vordergründig wissenschaftlichen Publikationen den militanten mit dem intellektuellen Flügel der Bewegung, sagt Wölk.

So veröffentlicht der kleine Kieler Verlag zum Beispiel die Schriften von Savitri Devi. Die 1982 verstorbene Wahl-Inderin gilt als ein Idol der Szene. In ihren Büchern verehrt sie Adolf Hitler als "Gott unter den Menschen". Alle seine Entscheidungen seien geschichtlich richtig, die arische Rasse sei "überlegen", schrieb sie. Der Rechtsextremismus-Experte und linke Anwalt Alexander Hoffmann spricht von "faschistischer Propaganda“. Auch Sicherheitskreise auf Bundesebene bestätigen auf Nachfrage, dass Teile der Veröffentlichungen "eindeutig rechtsextrem" seien. Vom Landesamt für Verfassungsschutz heißt es: Der Verlag in Kiel sei der Behörde bekannt und agiere bundesweit.

Ko-Autor Teil der Ermittlungen im NSU-Verfahren

Ein neuer Autor ist nach einer Buch-Ankündigung des Verlags Eric F.. Gemeinsam mit einem Ko-Autor ist er als Verfasser des Buches "Phänomen Inselfaschismus" genannt, das sich mit dem britischen und irischen Faschismus befasst. Rund 300 Seiten umfasst das Werk. Ab Mai wird es laut Ankündigung erhältlich sein. Fest steht: Ko-Autor F. ist Teil der Ermittlungen im NSU-Verfahren und hatte nach Erkenntnissen der Ermittler intensiven Kontakt zu Ralf Wohlleben, dem engsten Vertrauten des NSU-Trios Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe. Warum der Verlag das Buch von F. veröffentlicht und ob die Verantwortlichen von seinen Verbindungen wissen, steht nicht fest. Auf eine entsprechende Anfrage hat das Unternehmen nicht reagiert.

Ein Buch über britische und irische Faschisten – für Alexander Hoffmann trägt der Kieler Verlag damit zur internationalen Vernetzung der rechten Szene bei. "Man wird heute auch insbesondere junge Leute sicherlich nicht für rechte Thesen begeistern können, wenn man ihnen keine europäische oder internationale Perspektive bietet. Und genau eine solche Perspektive wird mit diesen Werken erarbeitet", sagt er.

Quelle: NDR.de


14. Februar 2013, JUNGLE WORLD: Ein Geschäft mit alten Bekannten

von Andreas Speit

In Kiel hat ein Geschäft eröffnet, das unter anderem mit Einbruchswerkzeug handelt. Die Betreiber bewegen sich zwischen Rockerclubs und Neonaziszene.

Das Ladengeschäft am Vinetaplatz 3 im Kieler Stadtteil Gaarden ist unscheinbar. Die Betreiber von »PLS-Werkzeuge« – so der Name des Geschäfts – sind jedoch keine Unbekannten.

»Peter Borchert« steht auf dem schwarzen Briefkasten neben der Eingangstür. Borchert bewegt sich seit Jahren sowohl im Rockermilieu als auch in der rechtsextremen Szene Schleswig-Hosteins. Derzeit sitzt er im Gefängnis – nicht zum ersten Mal. Das Mitglied des Rockerclubs Bandidos, das von 2001 bis 2003 schleswig-holsteinischer NPD-Vorsitzender war, saß bereits wegen Körperverletzung und Waffenhandel in Haft. Seine derzeitige Gefängnisstrafe verbüßt der fast 40jährige jedoch, weil er zwei Mitglieder der Hells Angels niedergestochen hat.

Die berufliche Perspektive in der Werkzeugbranche für die Zeit nach der Haft verdankt Borchert seinen engen Mitstreitern Lars Bergeest und Alexander Hardt. Im Dezember 2012 haben Hardt und Bergeest das Geschäft in dem multikulturell geprägten Stadtteil Gaarden eröffnet. Auch Borchert selbst, der ab etwa 2007 maßgeblich an der Neuausrichtung der rechten Szene im nördlichsten Bundesland am Modell der »Autonomen Nationalisten« beteiligt war, hat hier im Viertel bereits zeitweise gewohnt.

»Das städtische Ordnungsamt hat die Gewerbeanmeldung für das Geschäft entgegengenommen«, sagt Tim Holborn, Pressesprecher der Stadt Kiel, und erläutert: »Eine Genehmigung benötigt der Betreiber dafür nicht, da diese Form des Einzelhandels nur anzeigepflichtig ist.« Es gab für das Ordnungsamt also keine Handhabe, die Anmeldung des Gewerbes zu verhindern.

Dabei finden sich im Sortiment des Ladengeschäfts und des angegliederten Internetversandhandels auch Einbruchswerkzeuge – allerdings solche, die legal erworben werden dürfen. Der Slogan dazu auf der Website klingt doppeldeutig: »Denn was zu geht … geht auch wieder auf!« Der Kieler Polizeisprecher Bernd Triphahn sagte unlängst den Medien: »Der Erwerb, der Besitz, das Führen und der Verkauf derartiger Gegenstände sind nicht verboten.« Erst wer diese Werkzeuge zum Einbrechen nutze, handele strafbar.

Mit Internetgeschäften kennt sich Hardt, der ebenfalls bei den Bandidos ist, bestens aus. Auf einer Seite, auf der als Anschrift die Adresse des Neonazitreffs »Club 88« in Neumünster angegeben wurde, vertrieb er 2009 einen von ihm als »Polenschlüssel« bezeichneten Generalschlüssel, der angeblich von Autodieben gerne genutzt wird. Nach Hardt war es Bergeest, der über ein Postfach in Bordesholm als Ansprechpartner für den Versand fungierte. Auf der Website des neuen Geschäfts ist dieser Schlüssel ebenfalls wieder mit im Angebot – für 90 Euro zuzüglich Versand.

Auch Alexander Hardt, der bereits gemeinsam mit Bochert beim »Club 88« aktiv war, stand bereits mehrfach vor Gericht. Im November 2012 verurteilte das Amtsgericht Neumünster ihn zu 13 Monaten Haft, da er Gespräche von Politikern und Polizeibeamten heimlich mitgeschnitten und später, mit rechtsextremen Kommentaren versehen, im Internet veröffentlicht hatte. Bereits 2010 verurteilte das Amtsgericht Herzberg ihn zu einer Geldstrafe von 1 800 Euro. Er hatte das Booklet der CD »Geheime Reichssache« der Rechtsrockband »Kommando Freisler« verantwortet, in dem ein Hakenkreuz abgebildet war.

Im Vergleich zu Borchert und Hardt fiel Lars Bergeest bislang kaum auf. Er soll jedoch seit Jahren bei dem in Deutschland im Jahr 2000 verbotenen internationalen Netzwerk »Blood & Honour« aktiv sein. Beste Beziehungen hat er offenbar zur rechtsextremen Szene Skandinaviens. In Dänemark teilte sich Bergeest, der mehrfach wegen gefährlicher Köperverletzung vor Gericht stand, laut Angaben des NDR zeitweise eine Wohnung mit Flemming Muff C., der als Kopf von »Blood & Honour« in Skandinavien gilt.

Über »Blood & Honour« könnten sich auch Borchert und Bergeest kennengelernt haben. Borchert gilt als eine der Führungspersonen der Gruppe »Combat 18 Pinneberg«. Nach Erkenntnissen des Staatsschutzes soll die Gruppe in der Region die »direkte Nachfolge« von »Blood & Honour« übernommen haben. Sie stand darüber hinaus im Verdacht der Bildung einer politisch motivierten kriminellen Vereinigung, der räuberischen Erpressung sowie des Waffenhandels und des Versands von verbotenen Tonträgern. Borchert soll in diesem Zusammenhang im Rotlichtmilieu und in der rechtsextremen Szene zwischen Kiel und Neumünster mit Waffen gehandelt haben. Am 28. Oktober 2003 durchsuchten mehr als 300 Beamte über 50 Wohnungen und Treffpunkte von Rechtsextremen. Gegen Borchert wurde Haftbefehl erlassen. Bei der Verhandlung 2004 vor dem Landgericht Kiel schwieg er zu diesen Geschäften, nannte weder Käufer noch Verkäufer. Das Gericht verurteile ihn zu drei Jahren und zwei Monaten Gefängnis wegen illegalen Waffenhandels in 16 Fällen.

Spätestens nach seiner Entlassung auf Bewährung im Oktober 2007 begann Borchert, sich in Neumünster bei den Bandidos zu engagieren. Er selbst machte die Zugehörigkeit zu dem »Motorradclub« öffentlich, indem er ein Foto von sich, Hardt und einer weiteren Person ins Internet stellte. Auf diesem Foto tragen alle drei Lederkutten mit Aufnähern der Bandidos und posieren vor einer Wand, auf der »Bandidos Jena« steht. Das Bild, so Borchert, habe er ins Netz gestellt, um »Klarheit zu schaffen«. Er sei »kein Mann der zweiten Reihe«, ließ er später im Gerichtsflur wissen.

Das Landeskriminalamt in Kiel rechnet die Bandidos der organisierten Kriminalität zu. Ihre Einnahmequellen sind dem LKA zufolge Drogenhandel, Waffengeschäfte, Schutzgelderpressung und Prostitution. 2010 verbot das Innenministerium das Neumünsteraner »Probationary Chapter« der Bandidos. Das Clubhaus, nur wenige Schritte vom »Club 88« entfernt, musste schließen. Das Verbot wurde 2012 vom Oberverwaltungsgericht Schleswig bestätigt.

Zwischen Nord- und Ostsee gibt es nach Polizeiangaben derzeit 225 Rocker, die den Hells Angels, den Bandidos und einem von deren »Supporter MCs« angehören. 17 von diesen sollen »Bezüge zu Rechtsextremen« haben. Das Milieu, das aus der Vermischung beider Szenen entstanden ist, ist schwer einschätzbar. Bisher wollten die Rocker vor allem Geld machen und nicht Politik, doch der Rechtsextremismusexperte Hajo Funke sieht bereits eine steigende Gewaltbereitschaft und warnt vor einer möglichen »neuen Qualität des Rechtsterrorismus«, die aus diesem Milieu erwachsen könnte.

Quelle: Jungle World


11. Februar 2013, SHZ: Rechtsradikale Banditen

Rocker
Von ge/mor

Die "unheilige Allianz" von Neonazis und "Bandidos" gerät immer stärker ins Visier des Staatsschutzes. Während es den "Hells Angels" eher ums Geschäft geht, agieren die "Bandidos" auch politisch motiviert.

Neumünster / Kiel. Von den Rockern der verbotenen "Bandidos"-Neumünster kommen weit über ein Drittel aus der militanten rechten Szene. Das haben Recherchen des sh:z gemeinsam mit einem führenden Experten für Neonazi-Aktivitäten in Schleswig-Holstein ergeben.

"Die Neumünsteraner ‚Bandidos‘ sind von führenden Köpfen der rechten Szene ins Leben gerufen worden. Und die Rocker waren und sind weiterhin politisch aktiv", sagt Alexander Hoffmann. Der Kieler Rechtsanwalt beobachtet die militanten Neonazis in Schleswig-Holstein seit Jahren – und hat die dem sh:z vorliegende Liste von "Bandidos" und deren Unterstützer, die "Contras", auf ihre Verbindungen zum rechten Spektrum abgeklopft. "Die Überschneidungen sind offensichtlich", sagt Hoffmann.

Bei der Soko-Rocker gefürchtet

Der Öffentlichkeit deutlich geworden ist die enge Verzahnung erstmals durch den Farbanschlag auf ein Fachgeschäft für Einbruchswerkzeuge in Kiel. Am Vinetaplatz im Stadtteil Gaarden steht Neonazi Alexander H. (32) hinter dem Tresen. Er hatte das Geschäft (mit der aufschlussreichen Internetadresse polenschluessel.de) zunächst im Neumünsteraner Neonazitreff "Club 88" betrieben. Seit Dezember nutzt er das Kieler Ladengeschäft, in dem zuvor der Ex-"Bandidos"-Präsident aus Neumünster einen An- und Verkauf betrieb. Auch Alexander H. ist ein "Bandido", war in Neumünster der Waffenmeister, "Sergeant at arms". Bei der Soko-Rocker im Landeskriminalamt ist der vorbestrafte H. gefürchtet: Polizisten, die ihn observierten, folgte er bis zu ihren Privatadressen.

Auf dem Klingelschild des Ladens für Schlösser und ihre Öffnung steht auch der Name eines inhaftierten Kampfgefährten: Peter Borchert (38), ehemals Landesvorsitzender der NPD und heute ebenfalls ein "Bandido". Weil er in Neumünster Unterstützer der verfeindeten "Hells Angels" niedergestochen hat, war Peter Borchert im April 2011 zu drei Jahren und neun Monaten Haft ver urteilt worden. In diesem Jahr wird er entlassen.

"Hells Angels" geht es laut Polizei um Geld, nicht um Politik

Borchert gilt als strategischer Kopf der "Bandidos". Ein Vergleich mit dem Werdegang seines schärfsten Widersachers bei den "Hells Angels" zeigt, warum er am Ende ebenfalls ein Rocker geworden ist – und der rechten Szene trotzdem treu blieb. Peter Borchert und Dennis K., heute F. (39), bundesweit bekannt als Veranstalter der Tattoo-Convention, kannten sich seit Jugendtagen – aus der rechten Szene. Als Dennis F. vor über zehn Jahren Mitglied der Kieler "Hells Angels" wurde, habe er sich "von allen Neonazi-Bindungen distanziert", heißt es von Ermittlern. Der Grund: Den "Hells Angels" geht es laut Polizei um Geld, nicht um Politik.

Borchert strebte eine Karriere in der Politik an. Von 2001 bis Mitte 2003 leitete er den NPD-Landesverband. Und radikalisierte ihn. Bereits als Jugendlicher war er wegen eines Überfalls auf einen Taxifahrer, bei dem dieser mit einem Messer schwer verletzt wurde, verurteilt worden. Letztlich wurde er 2003 aus der Partei ausgeschlossen. Doch Borchert blieb strategischer Impulsgeber der rechten Szene, bekannte sich zu den militanten "Autonomen Nationalisten", war Mitglied der "Aktionsgruppe Kiel". Gleichzeitig stieg er in den Waffenhandel ein, ein Geschäft, das laut Ermittlern in Schleswig-Holstein die Domäne der "Hells Angels" ist. Borchert wurde geschnappt und wegen 16-fachen Waffenhandels verurteilt. Vermeintliche Verräter sieht er noch heute im Umfeld der Kieler "Hells Angels". Es kam zum Zerwürfnis mit Dennis F., der 2008 vor dem Kieler Amtsgericht niedergestochen wurde. Auf der Anklagebank: Peter Borchert. Opfer und Täter schwiegen, der Prozess endete mit einem Freispruch.

"Nazi sein ist eine brotlose Kunst"

Ein hoher Polizeibeamter sagt: "Die ‚Hells Angels‘ erklärten Borchert danach für vogelfrei. Er brauchte eine neue Familie, wählte die ‚Bandidos‘." Rechtsextremismus-Experte Hoffmann sieht noch einen weiteren Grund: "Nazi sein ist eine brotlose Kunst. Borchert und seine Mitstreiter sind ja heute in einem Alter, in dem sie sich den Unterhalt sichern wollen."

Das Chapter der Neumünsteraner "Bandidos" sollte Geldtöpfe öffnen. Borchert, bald Vize-Präsident, nutzte von Anfang an seine Verbindungen zur rechten Szene und rekrutierte daraus Mitglieder, darunter Alexander H.. Nach Ansicht von Hoffmann gibt es daher bei den "Bandidos" in Schleswig-Holstein eine einzigartige Konstellation: "Sie wurden von Rechten aus der Taufe gehoben, und ihre Mitglieder blendeten die Politik auch nicht aus."

Renovierung des "Club 88"

So war Alexander H. weiter in der Neonazi-Szene aktiv, half bei der Renovierung des "Club 88". Und bei den "Bandidos" ist mindestens eine Waffe in Doppelfunktion genutzt worden. Nach den Schüssen auf das Haus des Kieler "Hells Angels"-Präsidenten im März 2010 kam heraus: Mit derselben Waffe waren auch Schüsse auf das linke Zentrum "Alte Meierei" in der Landeshauptstadt abgegeben worden.

Wer waren der oder die Schützen? Wenig später gab es aus dem Umfeld der Kieler "Hells Angels" einen Entführungsversuch, der offenbar dem mutmaßlichen Schützen auf das "Höllen-Engel"-Haus galt: Manuel F., Unterstützer der "Bandidos" und Rechter bei der "Aktionsgruppe Neumünster". Oberstaatsanwältin Birgit Heß erklärte dazu: "Wir haben in beiden Fällen noch keine Verdächtigen."

Neonazi-WG in Dänemark

Die übrigen "Bandido"-Clubs in Deutschland schien der starke rechte Einschlag in Neumünster nicht zu stören. Sie waren offenbar froh, im Norden, traditionell eine Hochburg der "Hells Angels", Fuß fassen zu können. Nach dem Verbot der "Bandidos"-Neumünster durch das Innenministerium besinnen sich die Neumünsteraner nun wieder auf ihre Wurzeln – und verstärken das alte rechte Netzwerk.

Auch hier ist ein näherer Blick auf das Geschäft "Schlösser, Schlüssel und Gravuren" am Vinetaplatz aufschlussreich. Auf dem Klingelschild steht auch der Name Lars B., der als Drahtzieher in der Rechtsrockszene um das "Blood and Honour"-Netzwerk gilt. Als Ostholsteiner lernte er bereits früh Alexander H. kennen, der aus Neustadt kommt. Lars B. lebte später in Dänemark, zusammen mit Flemming Muff C. in einer Neonazi-WG. Der gilt als "Blood and Honour"-Chef in Skandinavien, war am Vertrieb von CDs der Band "Kommando Freissler" beteiligt. Eine CD heißt "Geheime Reichssache", ist mittlerweile verboten. Gestalter des Booklets: Alexander H..

Provokation im Multikulti-Stadtteil Gaarden

Freunde werden sich die Rechts-Rocker mit ihrem Geschäft nicht machen. Für die linke Szene im Multikulti-Stadtteil Gaarden ist es eine Provokation. Für die "Hells Angels", die selbst nach ihrem Verbot Kiel noch als ihre Hochburg betrachten, fast eine offene Kampfansage. Das Landeskriminalamt hat den Laden mit Blick auf Straftaten im Visier. Und wegen des Verdachts verfassungsfeindlicher Bestrebungen überwacht der Verfassungsschutz die Geschäftsaktivtäten am Vinetaplatz. Leiter Dieter Büddefeld spricht von einer "unheiligen Allianz", die sich da gefunden habe.

Rechtsextremismus-Experte Hoffmann glaubt nicht, dass die Neonazis durch ihren Einstieg bei den Rockern gefährlicher geworden sind: "Das waren sie schon immer, sie waren auch vorher alleine dazu in der Lage, sich Waffen zu organisieren und Straftaten zu begehen." Durch ihre Zugehörigkeit zu den Rockern hätten sie sogar Nachteile. "Sie werden viel schärfer überwacht."

Quelle: SHZ


24. Januar 2013, KN: Kiel: Farbanschlag auf Verkaufsladen

Geschäft gehört Bandidos

Von Günter Schellhase

Unbekannte haben am frühen Donnerstag eine Scheibe des An- und Verkaufsladen in Gaarden am Vinetaplatz 3 beschädigt. Die Täter hatten ein Weckglas mit grüner Farbe befüllt und gegen das das Fenster geworfen. Dabei zersplitterte die äußere Scheibe der Doppelverglasung.

Kiel. In diesem Laden sollen Einbruchswerkzeuge verkauft werden, deren Besitz nach Polizeiangaben legal ist. Wer diese Geräte allerdings anwendet, um sich das Eigentum anderer anzueignen, handelt strafbar. Nach Angaben des Verfassungsschutzes sind die Betreiber ehemalige Rechtsextremisten und jetzige Mitglieder der Rockerbande Bandidos. Die Polizei ermittelt nach dem Farbanschlag gegen Unbekannt. Hinweise an die Kripo unter Tel. 0431/[….

Quelle: KN


22. Januar 2013, KN: Neonazis mischen bei Rockern mit

Geschäft für Einbruchwerkzeug

Von Günter Schellhase

Der Verfassungsschutz ist in Sorge: Ehemalige Rechtsextremisten und jetzige Mitglieder der Rockerbande Bandidos haben im Kieler Stadtteil Gaarden einen Laden eröffnet, in dem Einbruchwerkzeuge verkauft werden. „Wir wissen, dass es das Geschäft gibt“, sagt Kiels Polizeisprecher Bernd Triphahn.

Kiel. „Dieses Geschäft begründet die Gefahr der Konfrontation mit der örtlichen linken Szene in dem multikulturellen Stadtteil“, sagt Dieter Büddefeld, Leiter des Verfassungsschutzes in Schleswig-Holstein.

Seit Dezember 2012 gibt es den Laden, der als An- und Verkaufsgeschäft für Schlüssel, Schlösser und Gravuren am Vinetaplatz firmiert. Im Laden und im Internet werden Werkzeuge angeboten, mit denen sich Häuser, Wohnungen und Pkw öffnen lassen. Hier gibt es zum Beispiel den sogenannten „Polenschlüssel“, Aufbruchsets für aktuelle Pkw-Modelle und Generalschlüssel für Porsche und Volkswagen. „Wir wissen, dass es das Geschäft gibt“, sagt Kiels Polizeisprecher Bernd Triphahn. „Bisher war es unauffällig. Der Erwerb, der Besitz, das Führen und der Verkauf derartiger Gegenstände sind nicht verboten.“ Erst wer diese Werkzeuge einsetze, um sich das Eigentum anderer anzueignen, handele strafbar.

„Das städtische Ordnungsamt hat die Gewerbeanmeldung für das Geschäft entgegengenommen“, sagt Stadtsprecher Tim Holborn. „Eine Genehmigung benötigt der Betreiber dafür nicht, da diese Form des Einzelhandels nur anzeigepflichtig ist.“ Nach Informationen unserer Zeitung ist der Anmelder sogar penibel untersucht worden. Dazu wollte die Stadt sich jedoch nicht äußern.

Brisant aus Sicht des Verfassungsschutzes ist vielmehr, dass das Geschäft von drei ehemaligen hochrangigen Neonazis aus dem Dunstkreis um Peter B. betrieben wird, die jetzt Mitglieder der Rockergang Bandidos sind. Die Haftstrafe von Peter B. läuft in diesem Jahr aus. Sein Name soll auf einem Schild am Laden stehen. B. wohnte schon mal in dem Stadtteil. „Der Verfassungsschutz beobachtet gemeinsam mit der Polizei sehr aufmerksam Zusammenschlüsse von Rechtsextremisten und Rockern in Schleswig-Holstein“, sagt Büddefeld. Es gebe aber keine Anhaltspunkte für eine engere Kooperation. Es gebe auch keine Indizien dafür, dass die rechte Szene sich in Kiel zu etablieren versuche. „Die Bezüge zwischen Rockern und Rechtsextremen bestehen in ihrer Gewaltaffinität und dem Zugang zu Waffen“, sagt der Verfassungsschützer.

Im Land gibt es etwa 1300 Rechtsextreme, die in jüngster Zeit in Nordfriesland (Demo gegen Sexualstraftäter in Leck) und im Raum Lübeck (Schmierereien in Ratzeburg) aufgetreten sind. Schließen sich Rechtsextreme den Rockerbanden an, wollen sie meist an den illegalen Geschäften teilhaben und Geld verdienen – politische Ideologie tritt dafür in den Hintergrund. Die Polizei zählt 225 Rocker in Schleswig-Holstein, die den Hells Angels, Bandidos und deren Unterstützer-Gruppierungen angehören. Nach Angaben von Büddefeld haben davon 17 Personen Bezüge zu Rechtsextremen, aber nur drei sind im Vorjahr in der rechten Szene in Erscheinung getreten.

Der Soko Rocker im Landeskriminalamt (LKA) ist bekannt, dass die Betreiber des Gaardener Ladens den Bandidos angehören. „Wir haben aber keine Erkenntnisse, dass die Bandidos in Kiel Fuß fassen wollen“, sagt LKA-Sprecher Uwe Keller. Nach Informationen unserer Zeitung sollen die vorherigen Besitzer bereits dem Umfeld der „Banditen“ angehört haben. Das Geschäft gibt es offenbar schon länger. „Die Rockerszene steht unter ständiger Beobachtung“, sagt Keller.

Quelle: KN


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