Vokü Schwarz/Rot: Octavio Paz

Datum: 29.06.2011
Uhrzeit: 19:00 Uhr

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Ein Vokü Schwarz/Rot Abend über Literatur und Literaturkritik, Poesie und Politik, Philosophie und die mexikanische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Und das Leben und Werk von Octavio Paz könnten noch viel mehr Gesprächsstoff liefern – vamos a ver. Dazu gibts in der für die Vokü Schwarz/Rot typisch-banalen kulturalistischen Manier – na was wohl – ja tatsächlich chili sin carne. Das „ay ay ay“ sparen wir uns dann aber doch – uuups.

Octavio Paz (1914 – 1998) gilt als der „Dichterfürst“ Mexikos. Für die romanistischen, zumal die hispanistischen Literaturwissenschaften gehört nicht bloß seine Lyrik, sondern vor allem auch sein literaturkritisches Schaffen zu den absoluten Standardwerken der Moderne. Octavio Paz reflektierte in seinen Werken die sogenannte „Moderne“ (welche er in „Los hijos de limo“ kritisch dekonstruierte) sowohl von einer avangardistisch-surrealistisch insperierten Künstlerposition aus, wie aber auch von einer historisch-politischen Einschätzung des Verhältnisses zwischen Tradition und Bruch, Revolution und unveränderter Strukturen. Er ist einer der wenigen aktuellen Größen in den Literaturwissenschaften, bei dem sich ein offener Bezug zu den linken Revolutionen und Freiheitskämpfen des 20. Jahrhunderst sowie zu marxistischen Literaturtheoretikern wie Sartre oder Lukács finden lässt.

Rein politisch betrachtet ist Octavio Paz leben voller Umbrüche und Widersprüche. Sein Vater kämpfte in den Milizen Emilio Zapatas während der mexikanischen Revolution 1910-1920. Ebenso wie dieses Ereignis stellt auch der spanische Bürgerkrieg, in welchem Paz sich sowohl kämpfend wie auch schreibend an antifaschistischer Seite beteiligte, einen wichtigen Refernzpunkt für sein Werk dar. Mit der Niederlage der NationalsozialistInnen und der italienischen FaschistInnen 1945 brach Octavio Paz jedoch auch endgültig mit der Sowjetunion, für welche er lange Zeit Sympathien gehegt hatte und die er aus antifaschistischer Solidarität zu Zeiten des Krieges nicht kritisieren wollte. Da Paz jedoch außerhalb der UdSSR keine revolutionäre Perspektive erkennen konnte, arrangierte er sich mit dem offiziell immer noch „revolutionären“ Staat Mexiko (dort herrschte über Dekaden die „Partei der institutionalisierten Revolution“, die PRI) und trat in den diplomatischen Dienst Mexikos ein. So gelangte er nach dem zweiten Weltkrieg nach Paris, wo er mit Jean-Paul Sartre und Pablo Neruda zusammentraf. Octavio Paz Fokus lag von nun an voll und ganz auf Literatur, Poesie, Sozialgeschichte und Philosophie. Erst als der mexikanische Staat 1968 ein Massaker an protestierenden Studierenden in Mexiko-Stadt verübte, beendete Octavio Paz aus Protest seine mittlerweile sehr erfolgreiche diplomatische Laufbahn – er war zu diesem Zeitpunkt Botschafter Mexikos in Indien.

„In keinem Moment habe ich die Ungerechtigkeiten und Katastrophen der liberalen kapitalistischen Gesellschaften vergessen. Der Schirm des Kommunismus und seiner Gefängnisse ließ es zu, die Realität zu mystifizieren; sein Verschwinden lässt sie uns nun in ihrer ganzen Verwüstung sehen: Die Wüste breitet sich aus und bedeckt die gesamte Erde.“ (Itinerario, Octavio Paz 1992)