Antifaschistische Demonstration in Kiel

Datum: 02.11.2005
Uhrzeit: 09:30 Uhr

Veranstaltungsort
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Kategorie:


Kein Raum den Nazis!
Nicht im Ballmann 7 – Nirgendwo!!

Gegen die Kriminalisierung von antifaschistischem Widerstand!

Demo: Mittwoch 02.11.05 Kiel, Alter Markt 9.30 Uhr


Repression gegen Antifaschisten

Am 02.November kommt es vor dem Landgericht zum Berufungsprozess gegen einen Antifaschisten im Zusammenhang mit den Protesten gegen einen Propagandastand der NPD in Gaarden.
Hier lebt der größte MigrantInnenanteil der Landeshauptstadt. Neonazis bestückten ihren Stand mit „Volks“verhetzenden Plakaten. Diese Plakate bilden MigrantInnen ab, schwer beladen mit Gepäck und dem Titel “Gute Heimreise!“. Die NSDAP produzierte ein sehr ähnliches Plakat. Es unterschied sich darin, dass statt MigrantInnen JüdInnen abgebildet waren.
An diesem Tag kam es zu spontanem und entschlossenem Widerstand gegen diese menschenverachtende Provokation der NPD.
Statt die Plakate zu entfernen, wie es die Polizei in Bremen tat, da diese Mitte Mai von der Bremer Justiz verboten wurden, setzte die Kieler Polizei diese faschistische Veranstaltung über Stunden hinweg unter Einsatz von Knüppeln und Pfefferspray durch. Sogar ein Anwalt machte die Polizei auf die Verfassungsfeindlichkeit und „Volks“verhetzung aufmerksam.
Während und nach der NPD-Veranstaltung kam es zu Festnahmen von Antifaschisten und später zu darauf folgenden Prozessen. Der Prozess vom 22.02.05 mit der Anklage der gefährlichen Körperverletzung und des schweren Landfriedensbruches endete mit einem Freispruch. Neben der Verteidigung plädierte sogar die Staatsanwaltschaft des Amtsgerichtes auf Freispruch, da aufgrund der Beweislage die Anklage absolut nicht haltbar war.
Trotzdem legte das Landgericht Berufung ein und rollt den Prozess neu auf, obwohl es keine neuen Erkenntnisse oder Beweise gibt.
Hier zeigt sich, dass der deutsche Staat Menschen vor neonazistischen Angriffen in der Regel nicht schützen kann oder will. Stattdessen werden Antifaschistischer Widerstand und Menschen, die sich selbst schützen, kriminalisiert, vor allem wenn das Gewaltmonopol des Staates in Frage gestellt wird. Widerstand soll verurteilt werden und durch Repression Gehorsam eingetrichtert werden.

„Ballmann 7“ – eine ganz normale Kneipe?

Seit über drei Monaten finden in der Kneipe „Ballmann 7“im Schülperbaum am Exerzierplatz in Kiel hauptsächlich an den Wochenenden Treffen von 15 bis zu 30 Neonazis statt. Seitdem kam es aus der Kneipe heraus immer wieder zu Übergriffen auf PassantInnen.
Auf den „Ballmann 7“ aufmerksam wurden Kieler AntifaschistInnen erstmals durch einen Angriff von etwa 15 zum Teil mit Knüppeln und abgebrochenen Flaschenhälsen bewaffneten Faschoschlägern auf eine Gruppe alternativer Jugendlicher. Diese gingen an der Kneipe vorbei und wurden teilweise brutal verprügelt, dass längerer Krankenhausaufenthalt notwendig war. Die Angreifer kamen aus der Kneipe „Ballmann 7“ und verschwanden nach dem Übergriff auch wieder in dieser.
Zu einem weiteren Angriff kam es in den Morgenstunden des 09. Oktober, als eine Gruppe linker KonzertbesucherInnen auf dem Nachhauseweg vor dem „Ballmann 7“ unter anderen von der Tresenkraft auf der Straße beschimpft und schließlich von Nazis zusammengeschlagen wurden. Die Schläger wurden von der Tresenkraft per Handy gerufen.
Darüber hinaus kam es nahezu jedes Wochenende zu größeren Neonazi-Ansammlungen im „Ballmann 7“, die PassantInnen bepöbelten und angriffen oder den Exerzierplatz mit menschenverachtenden Parolen und Neonazimusik beschallten.
So war unter anderem in der Nacht des 17. September ein Lied der sogar gerichtlich als Kriminelle Vereinigung verbotenen Naziband „Landser“ über die Kreuzung zu hören, welches sich positiv auf den Nationalsozialismus und seine „Rassenlehre“ bezieht und in den Strophen gegen Punks, Homosexuelle und KommunistInnen hetzt.
Das Stammpublikum der Kneipe trägt eindeutige Neonazikleidung, wie z.B. T-Shirts der Neonazikneipe „Club 88“ in Neumünster, deren Aufkleber auch im Eingangsbereich des „Ballmann 7“ klebten.
Nach eigener Aussage haben sich die Neonazis die Kneipe bewusst als Treffpunkt ausgesucht, um in der Kieler Innenstadt Präsenz zu zeigen. Die BetreiberInnen des Ladens haben offensichtlich kein Problem damit an FaschistenInnen ihr Bier auszuschenken und lassen sie in ihren Räumen gewähren, spielen ihre Musik und zeigen sich empört über antifaschistische Proteste dagegen.
So war die Reaktion der Kneipenbetreiberin auf ein öffentliches Bekantmachen der Kneipe als Neonazitreff bei einer Kundgebung am 12.10.05: “ Klar kommen hier die Rechten rein!“.

Vermehrte Neonaziaktivitäten in Kiel

Die Existenz eines Faschotreffpunktes in der Innenstadt passt zu der sich im letzten halben Jahr häufenden Nazipräsenz und –Aktivität in Kiel. Im Juli z.B. wurde ein junger Punk an der Aral-Tankstelle in der Rendsburger Landstrasse krankenhausreif geprügelt. Am 05.Mai kam es, dank schneller Reaktion, zu einem erfolglosen Angriff in der Alten-Lübecker-Chaussee auf einige KonzertbesucherInnen der Alten Meierei.
Auf dieses linke Politik- und Kulturzentrum wurde am 30. Juni von ca. 7 Saufnazis ein Angriff verübt. Dabei wurden 4 Fensterscheiben eingeschlagen und ein antifaschistisches Transparent von der Fassade gerissen und mit Sesseln zusammen nahe der Hauswand in Brand gesetzt. Das Feuer konnte jedoch von den BewohnerInnen gelöscht werden.
Außerdem tauchen im Stadtbild vermehrt rassistische und revisionistische* Aufkleber auf und Neonazis bewegen sich in Kiels Strassen weitestgehend ungestört.

*rückschrittliche Geschichtsverfälschung

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Deutschland!

Neonazis verfolgen unter anderem das Ziel „ National befreite Zonen“ aufzubauen, welche gerade in Teilen Ostdeutschlands ansatzweise und weit darüber hinaus gehend Realität sind. In diesen besitzen die Faschisten Macht auf der Strasse und demonstrieren diese durch Gewalt und Morde gegen Menschen die nicht in ihr Weltbild des Deutschseins passen.
In diesem Zusammenhang steht auch das Präsenzzeigen, in der Innenstadt beim „Ballmann 7“ oder in Gaarden mit dem NPD-Propaganda-Stand vom 12.06.04.
Die Neonazis versuchen Fuß zu fassen an Orten, wo sie scheinbar gar keinen oder kaum Einfluss ausüben können, in Stadtteilen, in denen viele MigrantInnen und Linke wohnen, wie z.B. Gaarden. Dabei greifen sie gesellschaftliche Diskurse auf, und hetzen gegen „Multikulti“ und eine offene Gesellschaft und versuchen durch BürgerInnennähe ihr faschistisches Gedankengut zu etablieren. So ist ihr öffentliches Auftreten all zu oft nicht mehr gekennzeichnet durch Glatze und Stiefel, sondern durch ordentliches und gutbürgerliches Erscheinungsbild durch dass sie als Neonazis nicht mehr zu identifizieren sind. Schuldzuschiebungen für gesellschaftliche Probleme, gerade in Zeiten von Hartz 4 und Agenda 2010, werden von den Faschisten gegen AusländerInnen und andere Minderheiten gerichtet und treffen oft genug Anknüpfungspunkte und Ressentiments* der deutschen Gesellschaft. Dazu zählen auch wie zur neonazistischen Ideologie, Rassismus, Sexismus, Nationalismus und Antisemitismus. Diese Ideologie zielt in letzter Konsequenz auf ein neues Auschwitz ab.
So liegt es an jeder und jedem jeden Schritt in diese Richtung konsequent zu bekämpfen und den Nazis keinen Raum und keine Möglichkeit zu geben, sich zu organisieren, zu vernetzen und ihren Scheiß in die Öffentlichkeit zu tragen.
Dass die neonazistischen Vorfälle in Kiel nicht einmal in den öffentlichen Polizeiberichten und in den Medien auftauchen, was bundesweit keine Ausnahme ist, und sogar im Parlament von Brandenburg und Sachsen Faschisten sitzen, zeigt dass mensch sich bewusst sein muss, dass Vertrauen in Staat und System im Kampf gegen Faschismus ein Irrglaube ist.

*Vorurteilhafte Schuldzuweisungen

Solidarisiert Euch und nehmt Teil an der antifaschistischen Demonstration zum Landgericht!

Mittwoch 02.11.05 Kiel, Alter Markt 9.30 Uhr

Kundgebung beim Neonazitreff „Ballmann 7“.

Danach Berufungsprozess im Landgericht 11:15 Uhr Raum 126.

Solidarität mit Julia aus Berlin, Christian aus Berlin, Marco, Daniel und Karsten aus Magdeburg
und allen anderen kriminalisierten und eingeknasteten AntifaschistInnen weltweit.

Antifaschistische Zusammenhänge aus Kiel.

V.i.S.d.P. H.Kamp, Verbindungsstraße 3, Kiel