24.10. Demo in Kiel: Alte Meierei bleibt!

Datum: 24.10.2003
Uhrzeit: 16:00 Uhr

Veranstaltungsort
#_LOCATIONLINK

Kategorie:


Alte Meierei bleibt unkommerziell und selbstbestimmt!
Revolten sind gescheitert, sonst wären sie Revolutionen gewesen. Aber sie greifen geschichtsträchtig ein und hinterlassen Spuren. So ist die Kieler HausbesetzerInnenbewegung mit der polizeilichen Räumung der besetzten Häuser am Sophienblatt 1983 zwar als soziale Bewegung an ihr Ende gelangt, konnte aber der Kieler Stadtpolitik teilweise verrechtlichte Ausgleichsprojekte abtrotzen. 1983 wurde die Alte Meierei als Wohnprojekt mit großem öffentlichen Veranstaltungsraum bezogen. Bei ordentlichem Mietvertrag, der die kulturelle Nutzung ausdrücklich miteinschloss, tolerierte die Kieler Stadtverwaltung 20 Jahre die unkonventionellen Formen selbstverwalteter, nichtkommerzieller Organisierung von Konzerten, Partys und Theateraufführungen. Vieles spricht dafür, dass die Stadtverwaltung diesen status quo aufkündigen will. Dagegen werden wir uns wehren.

Für ein super Nachbarschaftsverhältnis
Der Anlass der aktuellen Auseinandersetzungen um die Alte Meierei sind Beschwerden einiger NachbarInnen der Alten Meierei wegen aus der Veranstaltungshalle dringenden Lärms. Klar ist für uns, dass wir mit unseren Veranstaltungen nicht NachbarInnen ärgern, sondern auch mal rauschende Feste feiern wollen. Gerade vor dem entstandenen Konflikt hatten wir einige Anlaufschwierigkeiten in unserem Kontakt mit den NachbarInnen und es gab Versäumnisse unsererseits. Wir sind uns keineswegs zu schade, das an dieser Stelle öffentlich zu bedauern! Etwas zu spät luden wir schließlich zu einem Nachbarschaftstreffen in die Alte Meierei ein. Aus diesem Treffen zogen wir die bekannten Konsequenzen: zum einen haben wir mit dem Bau einer effektiven Schallisolierung begonnen. Zum anderen finden laute Veranstaltungen wie Konzerte bis zum Abschluss dieser Arbeiten bis höchsten Punkt 22 Uhr statt.

Unkonventionell lebt es sich besser!
Im Schatten der Konflikte mit den NachbarInnen um die Frage des Lärms traten Teile der Verwaltung auf den Plan. Mit den einfach gestrickten Vorstellungen warenförmiger gesellschaftlicher Organisierung erscheint beispielsweise dem Kieler Ordnungsdezernenten die Meierei als ein „gaststättenähnlicher Betrieb“, der sich zu einem professionell geführten Veranstaltungsort entwickelt hätte. Das ist doch zum Piepen! – wenn es nicht gleichzeitig so bedrohlich wäre: Mittlerweile läuft ein Prüfverfahren wegen einer fehlenden Konzession, zwei mietrechtliche Abmahnungen sind ergangen und die Räume können jederzeit gekündigt werden.
Mit solchen gewöhnlichen Vorstellungen lassen sich der soziale Inhalt und die ihm innewohnenden unkonventionellen Formen schlicht nicht begreifen. Die Meierei ist vieles: ein Großgruppen-Wohnprojekt, ein Ort mit Band-Proberäumen, ein Treffpunkt linker Szenen, ein öffentlicher Ort der sozialen Begegnung und kulturellen Teilhabe. Eine Vorstellung von der Meierei als professioneller Betrieb ist allerdings – vorsichtig ausgedrückt – Tüddelkram.
Selbstbestimmung, Selbstorganisierung und Solidarität als Begriffe, die in dem heterogenen NutzerInnenkreis zirkulieren, machen am ehesten die geschichtliche Kontinuität der Alten Meierei als soziales und politisches Projekt aus. Real werden sie in der Art und Weise, in denen sich die NutzerInnen und BesucherInnen den Raum aktiv aneignen. Konkret heißt dies, dass Menschen frei sind, die Anstrengungen unbezahlter Arbeit auf sich zu nehmen – beispielsweise ein Konzert zu veranstalten – und das nicht als bürgerliches ‚Ehrenamt‘ begreifen, sondern als glücklich machende Tätigkeit. Unabhängig davon, was in dieser von Wünschen, anderen gesellschaftlichen Vorstellungen und Spaß motivierten Arbeit auch an Nervereien, Pleiten, Pech und Pannen dazugehört, erlaubt sie doch eine aktive Aneignung des eigenen Lebens.

Das Rathaus – ein gefährlicher Ort?
Allgemeingut wie Wasser, Bildung, Gesundheitsversorgung und Kultur wird privatisiert und Profitinteressen untergeordnet. Die Kieler Wohnungsbau Gesellschaft und die Stadtwerke wurden verkauft. Die Pumpe wurde über Mittelstreichung in die Teilprivatisierung gepresst und das städtische Krankenhauses wird in eine GmbH umgewandelt. Es ist nachdenkenswert, für was das Rathaus als lokalpolitische Entscheidungsinstanz in diesem Zusammenhang ein „gefährlicher Ort“ ist, der Menschen, die nicht in dieses am Profit orientierte Bild passen, ausgrenzt und zum Verschwinden bringt: Pünktlich zum Beginn der Kieler Woche 2003 wurde der Sophienhof-Vorplatz mit dem ordnungspolitischen Konstrukt der „gefährlichen Orte“ belegt, das die gesellschaftliche Frage von Armut und Reichtum zur polizeilichen werden ließ und die Vertreibung von Junkies formalisierte. Der kleine Kulturverein Musico e.V. musste einem als Prestigeobjekt geplanten, brachliegenden Bürobau an der Hörn weichen, die BewohnerInnen des Bauwagenplatzes Timmerberg wurden vertrieben und der Platz aufgelöst.

Runder Tisch mit Ecken und Kanten
Inwieweit sich die Haltung der Verwaltung gegenüber der Alten Meierei in diese autoritär-neoliberale Politik einfügt, ist heute noch offen. Schließlich ist die Alte Meierei wegen ihrer traditionellen Distanz zu öffentlichen Geldern nicht über eine städtische Förderungspolitik erpressbar und es ist kein Großbauprojekt auf dem Gelände der Alten Meierei geplant. Die städtische Verwaltung ist frei, zu einer Politik der Duldung zurückzukehren und die Meierei als großstädtische „Nische“ zu tolerieren. Die Alternative wäre Kündigungsgründe zu erzwingen, einen anschließenden Zustand der faktischen Besetzung herbeizuführen, langwierige Gerichtsverfahren, regelmäßige Straßenproteste der NutzerInnen und FreundInnen der Alten Meierei und das Spektakel der polizeilichen Räumung.
Vieles wird sich am 24. Oktober zeigen. An diesem Tag findet im Rathaus ein Runder Tisch zur Meierei statt, an dem sich neben den AnwohnerInnen und uns auch Parteien und Verwaltung beteiligen werden. Wir sind skeptisch, ob der Runde Tisch der Ort für Lösungen gleich welcher Art ist. Erfahrungsgemäß dienen sie dazu, ein nicht vorhandenes Mitspracherecht in Entscheidungen, die woanders gefällt werden oder längst entschieden sind, vorzutäuschen. So aktualisierte der Leiter des Kieler Liegenschaftsamtes, Hans Mehrens, zwei Wochen vor dem Runden Tisch die Kündigungsdrohung, weil wir uns unser gewohntes Recht genommen haben, weiter Konzerte zu veranstalten, und behauptet sogar, es hätte die Absprache gegeben, dass wir ordnungsrechtliche Genehmigungen beantragen würden. Aber wir werden uns beim Runden Tisch dem eigentlichen Konfliktpunkt angemessen verhalten und versuchen, auch an diesem Ort zu einer Klärung mit den NachbarInnen zu kommen. Alles weitere läuft nicht mit uns. Klar ist für uns, dass wir die Wahl zwischen einer Professionalisierung und Kommerzialisierung oder im anderen Falle einer Kündigung und anschließender Räumung nicht akzeptieren. Genauso inakzeptabel ist der Kontroll- und Herrschaftsanspruch, aus dem diese Scheinalternative hervorgeht: Unsere Autonomie und den sozialen und politischen Inhalt der Alten Meierei werden wir öffentlich verteidigen!

Auf rauhen Wegen zu den Sternen:
Alte Meierei bleibt! Wir sind streitbar.

Freitag, 24.10.2003
16 Uhr Auftaktkundgebungskonzert – Asmus-Bremer-Platz
17 Uhr Konzertdemonstrationsbeginn
19 Uhr Konzert und Schallschutzparty in der Meierei
alles mit Disco Maxim, Escapados, Kurhaus (tbc), Rockaway Beachboys (tbc)

Das NutzerInnenplenum
home: Hornheimerweg 2, 24113 Kiel
mail: politik@altemeierei.de
web: https://www.altemeierei.de

Spendenkonto
U. Schmeling
Ktonr.: 28163244
BLZ: 210 501 70
Sparkasse Kiel
Stichwort: Schallschutz

Schallschutz-Baustelle
Die Umbauten finden in der Regel täglich ab 11 Uhr statt. Wer eine fleißige und geschickte linke und eine ebensolche rechte Hand hat, soll kommen. Die anderen auch. Es gibt immer eine sachkundige Bauleitung.