ALDA, WODE, VERHEERER, ANCIENT EMBLEM / 08.04.2018 – Kiel, Alte Meierei

Review von Philipp (Dremufuestias)

Ich werde mich Zeit meines Lebens IMMER daran erinnern, an welchem Datum dieses Konzert stattgefunden hat! Das ist auch keine Kunst, hat Herb das Ding doch netterweise genau auf meinen Geburtstag gelegt. Nach einem ausgiebigen Beer Brunch bei sommerlichen Temperaturen geht es dann auch bereits um 17:00 Uhr so langsam los zur Meierei, denn heute heißt es wieder Matinee-Action bei der Infernal Crust Brigade. Und auch nur eine der Bands zu verpassen, das kommt nicht in Frage!

Gut gefüllt ist dann auch, als ANCIENT EMBLEM loslegen, deren Mitglieder wohl (zum Teil?) aus Spanien kommen. Auf verschlungenen Wegen hat das Album „A Throne With No God“ kürzlich den Weg in meine Plattensammlung gefunden. Die Verbindung von Crust und Black Metal hatte mir auf Anhieb gefallen und so freue ich mich auf diesen Auftritt. ANCIENT EMBLEM verzichten fast gänzlich auf Licht und tunken die Bühne durch ein paar Grabkerzen in schaurige Düsterstimmung. Die Mischung aus Rasanz, D-Beat-Groove und schwarzen Melodien bricht sich erfolgreich Bahn in die Gehörgänge der Besucher*innen, die schnell gen Bühne aufrücken. Was ANCIENT EMBLEM von allen anderen heute aufspielenden Bands unterscheidet, ist ihr direkter, ja im positiven Sinne simpler Ansatz. Ohne Soli wird nach vorne gebrettert, was aber nicht etwa stumpf wirkt, sondern den Songs effektive Durchschlagskraft verleiht.

VERHEERER sind die Band im Billing, die Black Metal in seiner puresten Form zelebriert. Die Band aus Flensburg und Kleve kommt ausgezeichnet an, was zeigt, dass die Besucher*innen nicht auf „Headliner“ fixiert sind und etwa nur auf ALDA und/oder WODE warten. Wilder orthodoxer Black Metal kracht aus der Meierei-Anlage und an dieser Stelle sollte auch unbedingt mal Mischerin Ass positiv erwähnt werden, die seit einiger Zeit immer wieder Veranstaltungen in der Meierei soundtechnisch veredelt hat. Blastbeats, Tremolo-Picking, Mollakkorde und infernales Gekreisch kneten mein durch den erwähnten Beer Brunch bereits weiches Hirn noch weiter durch – ein irgendwie angenehmes Gefühl. Manche Stellen wirken melancholisch und bedrückend, dann wieder klingen VERHEERER geradezu von fieser Bösartigkeit, ja Besessenheit durchdrungen. Das knattert rein und überzeugt mich so sehr, dass ich mich schon jetzt aufs Meltdown freue, auf dem VERHEERER auch spielen werden.

Da ich die 2017er Auflage des KIEL EXPLODE irgendwie verpasst hatte, sehe ich auch WODE heute zum ersten Mal. Ingo Kessels‘ Review hat mir das Maul wässrig gemacht, schrieb der Kollege doch etwas von „druckvoller und mächtiger Musik“, einem „METAL-Anteil in Großbuchstaben“ und einem „wahnsinnig dreinblickenden Sänger“. Attribute, die mich hinreichend ansprechen. Und die man der Band auch für den heutigen Abriss attestieren kann! Klirrender Black Metal faucht durch die Meierei, geprägt einerseits von Bissigkeit und genretypischen Riffs, andererseits aber auch von avantgardistischen Ansätzen, die sich in polyphonen Attacken und durchgeknalltem Drumming manifestieren. Die Band aus Manchester erinnert mich tatsächlich ab und zu an DISSECTION, NECROPHOBIC oder WATAIN, gerade was die schneidende Gitarrenarbeit und den einprägsamen Charakter der Songs angeht.

Eigentlich würde ich mich ungern festlegen, welche von den vier Bands ich heute am stärksten finde. Alle liefern vehement ab und bieten Qualität. Aber nur von einer hole ich mir danach ein Album, und zwar von ALDA. Im Vergleich zu den zum Teil fragilen Post Black Metal-Strukturen von „Passage“ fällt die Live-Darbietung derber aus. ALDA versetzen die Hörer in einen Mahlstrom des atmosphärischen Black Metal, der förmlich nach feuchter Erde, Moos und ‘ner einsamen Nacht im Wald schmeckt. Eine Band, die sehr schön als Beispiel geeignet ist, wenn man jemanden den Begriff Cascadian Black Metal illustrieren will. Während WODE und VERHEERER wenigstens noch etwas Licht zugelassen hatten, herrscht bei ALDA nahezu komplette Finsternis. Das passt zu der Band aus Washington, die ihre Interessen wie folgt beschreibt: „Pantheist-Animism, environmentalism, the Cascadian bioregion, primitivist practices and general heathenry, music, being an animal in urbanity.“ (Für unsere des Englischen nicht mächtigen Leser*innen: Dit sind also Lagerfeuer-Hippies.) Völlige Zerstörung und gleichzeitig wunderschön – kann es das geben? Ja, bei ALDA. Demnächst übrigens auch noch mal im Bambi (21. April).

Fazit: Besser konnte ich meinen Geburtstag nicht zelebrieren. In Vertigo we fall.

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