Das beste Essen auf der Tour

Amber, Acres / 15.05.2013 – Kiel, Alte Meierei

Nach dem Umzug von Bolle (Worship Records) nach Hamburg (immer noch: buuh!) darf man et wohl so sagen: Narshardaa Records sind das tollste Kieler Plattenlabel. Mit der neuen Amber-LP „Lovesaken“ hat Andre gerade schon wieder einen kapitablen Knaller im Vinylkreißsaal das Licht der Welt erblicken lassen: Schleim, Blut, der erste Schrei – es ist ein_e AMBER!

Und wen nicht Herbs Ankündigung anzusprechen vermochte, der liegt wohl BEEF-lesend und grillend im Schrevenpark: „Sommer, Sonne, Sonnenschein…so kanns ja nicht weitergehen. Deshalb lädt die Infernal Crust Brigade zum gepflegten Runterkommen (oder wie es unser Entschleunigungs-Experte Mr. Doom formulieren würde: „Play slow or die!“) und Entschleunigen mit AMBER und Acres.“ Aber zum Glück regnet es heute in Strömen, sodass Wetter und Musik perfekt harmonieren.

Es ist gar nicht schlecht besucht, als ACRES aus Südengland loslegen. Der Bassist hat sich heute am Kieler Strand den Arm ausgekugelt (!), wurde aber behandelt und steht selig lächelnd unter Painkiller-Linderung. Respekt. Die Band hat eine angefahrene Mischung aus sehr filigranen und zerbrechlich klingenden Passagen und totalen Walz-Attacken am Start. Der Sänger kreischt dazu apokalyptisch und verzweifelt und tigert unruhig durch die Meierei. Das Songwriting überzeugt, die befindlichen Passagen werden wohl dosiert eingesetzt. Weiterhin handelt es sich ganz klar um äußerst höfliche Zeitgenossen, welche die Tour, AMBER sowie Andre von NARSHARDAA abfeiern. Selbst sonst nervige Kaufaufforderungen haben hier einen netten Dreh: „Please buy some merch so we can get more painkillers for our bassplayer“. Bei einem Stück wird ein wie verrückt schreiender Typ ans Mikro geholt, der den Text heftig enthusiastisch mitbölkt, z.T. am Mikro vorbei in den Raum hinein und dennoch hörbar. Der entpuppt sich später als Schlagzeuger von AMBER.

AMBER aus Marburg gefallen mir gar noch einen Tucken besser. Sie haben Lämpgen auf den Boden gestellt und verzichten auf die Lichtanlage der Meierei. Hat man in letzter Zeit bei einigen Bands gesehen – wenn dieser Trend um sich greift, war die Anschaffung der schönen neuen Lichter ganz umsonst… Ist aber immer wieder ein stimmungsvoller Effekt. Die Sängerin überzeugt mit sehr heftigem Schreigesang, der vielleicht von einigen auf Dauer als zu monoton empfunden werden könnte. Ich find’s geil, aber ich hör auch noch viel stumpfere Sachen. Stumpf sind AMBER aber auf keinen Fall, insgesamt sind sie noch derber als ACRES, aber auch hier schleichen sich ruhige, melancholische Momente in die Riffberge. Und die Marburger sind ebenso höflich wie ihre Kollegen, so wird „das beste Essen auf der Tour“ gelobt. Ich bin so überzeugt, dass ich gleich eine Kase und ein Vinyl abernte.

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