Zur Veranstaltung mit Serdar Somuncu

Vorweg möchten wir, als Verantwortliche für die Veranstaltung mit Serdar Somuncu, loswerden, dass wir diese aus dem Meierei-Kalender gestrichen haben und mit ihr in das städtische Kulturzentrum pumpe umziehen werden.

Wir tun dies nicht, weil wir die Auseinandersetzung mit dem Programm von Serdar Somuncu scheuen, sondern wegen verschiedener [Meierei-interner Wortmeldungen im Vorfeld der Veranstaltung […. Wir wollen den reibungslosen Ablauf dieser Veranstaltung gewährleisten.

Wie schon erwähnt, wollen wir uns nicht unkommentiert vom Acker machen und zu ein paar Punkten, die wir für eine Auseinandersetzung mit dem Medium Theater für wichtig halten, im Bezug auf die Meierei Stellung beziehen.

Medienformate und die Darstellung von gesellschaftlichen Verhältnissen

Die Darstellung von gesellschaftlichen Konflikten/Verhältnissen spiegelt sich in vielen Medien wieder, in der Zeitung, beim Einschalten des Fernsehers/des Radios, im Kino und eben im Theater auf der Bühne. Medien dienen der Kommunikation, der Darstellung und der Möglichkeit eben über diese Formate verschiedenste Perspektiven zu entwickeln, ja sogar Umbrüche einzuleiten.
Als gemaltes Bild, als Spiel auf der Bühne, orientiert sich Kunst (Sammelbecken für die verschiedensten Stilmittel) also schon immer an den Rahmenbedingungen.

Theater kann religiös, gesellschaftskritisch, politisch oder auch nur ästhetisch ambitioniert sein. Vor allem ist es eine Sparte der Kunst und deshalb frei. Aufgrund der kollektiven Rezeption und des Live-Charakters, also dem transitorischen Element von Aufführungen, steht es in besonderer Nähe zur (realen) Gesellschaft: Theater erzählt über Menschen, über das Leben. Die Zuschauer können wiedererkennen und Neues entdecken.

Die Kunstform Theater (darstellende Kunst) spricht, z.B. durch ihre Symbolik, intellektuell an, wirkt durch die Bilder aber auch ins Unterbewusste. Insofern ist Theater ein ganzheitliches, plurimediales (Live-)Ereignis − eine Besonderheit aller Aufführungskünste. Der/die SchauspielerIn versinnlicht in den illusionistischen und erzählerischen Theaterformen auf der Bühne eine Figur, und diese Rolle soll − jedenfalls im bürgerlichen Illusionstheater − dem/der ZuschauerIn realistisch und damit glaubhaft erscheinen. Die Mittel, die eingesetzt werden müssen, um ein Publikum zu erreichen, müssen zeitgemäß sein. Sie sind daher auch von regionalen und eben auch politischen Gegebenheiten abhängig.

Unser Selbstverständnis zum Veranstaltungsraum Alte Meierei

Der Grund für uns, diese Veranstaltung nicht in der Meierei zu machen, ist die Tatsache, dass die Meierei in unseren Augen ein Schutzraum vor den gesellschaftlichen, alltäglichen „ismen“ darstellen sollte.
Wer von grenzüberschreitendem Verhalten betroffen ist, soll hier die Möglichkeit haben, sofort auf gemeinsame Hilfe zurückgreifen zu können, was im Falle einer Veranstaltung heißen kann, eine Bühnenvorführung sofort zu beenden oder eben Leute rauszuschmeißen, um diesen Schutzraum aufrecht erhalten zu können.

Zu Hatenight

Wir verstehen Serdar Somuncus Programm nicht als homophob, sexistisch, antisemitisch oder rassistisch. Der [Meierei intern diskutierte „Hatenight“-Clip darf nicht losgelöst vom inhaltlichen Konzept dieser Sendereihe und seines, wir nennen es mal gesellschaftspolitischen Auftrags, diskutiert werden. Diesen Clip kann er/sie/es als oberflächlich oder hintergründig wahrnehmen und eben verschiedenste Eindrücke bekommen.

Als problematisch sehen wir in diesem Zusammenhang also das verkürzte Format von Hatenight, weil diese Ansammlung von gesellschaftlichen Vorurteilen und Anfeindungen gegen alles was nicht der „Norm“ entspricht, teilweise unkommentiert stehen bleibt.

Jedoch thematisiert Serdar Somuncu in seinen Bühnenauftritten eben genau diese Scheiße und fordert eine kritische Auseinandersetzung mit ihr ein.
Er versucht alltägliche Gewalt und Machtstrukturen bloßzustellen und will das Publikum herausfordern, sich in Hinsicht auf diese Verhaltensweisen/Ansichten zu reflektieren.

Wir akzeptieren, dass nicht alle gleich denken und alle ihre Grenzen woanders ziehen.
Wir können auch nicht erwarten, dass sich alle KonsumentInnen seiner Clips mit dem inhaltlichen Konzept Serdar Somuncus auseinandergesetzt haben. Deshalb ist die Meierei der falsche Ort für diese Art von antisexistischer/antipatriarchaler, antirassistischer, antinationaler Aufklärung.

Wir danken der pumpe für diese schnelle Unterstützung und freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit.

Einige Anarchistinnen aus der Meiereistruktur