Heiser, durchgeschwitzt und glücklich

25 JAHRE MEIEREI mit u.a. The Disturbers & 1982 / 30.08.08 – Kiel, Alte Meierei

„Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ stand es passenderweise auf den Flyern/Plakaten zur Jubifeier. Denn schließlich ist dieses Zitat Georg Büchners ein Aufruf an die hessische Landbevölkerung zur Revolution gewesen (1834 , der „Hessische Landbote“, absolut lesenswert auch Büchners „Woyzeck“). Und die25-jährige Existenz der Meierei ist durchaus revolutionär‚ hält man sich vor Augen, wie viele autonome Zentren ständig drangsaliert und/oder geschlossen werden. Eine feiste Feier ist das wert! Die ging denn auch gleich vier Tage mit den unterschiedlichsten Aktionen.

Schon der Donnerstag soll sehr anregend verlaufen sein, wurde an dem Abend schließlich über die Hausbesetzerszene Kiels in den frühen achtziger Jahren berichtet sowie über die allerersten Konzis/Aktivitäten in der Meierei. Ich hatte keine Zeit, aber am Sonnabend ging es dann recht früh zur Meierei.

Sehr relaxt war die Stimmung vorm Konz, es waren Leute aller Altersklassen anwesend, eingeladen hatte man auch AnwohnerInnen, dazu tollten Kinder durch die Gegend, es gab ‘ne Tombola und superleckere Vokü samt Kaffee und Kuchen. An einem Textildruckstand konnte man sich Shirts mit Meierei-Motiven nach eigener Wahl bedrucken lassen (das mit der Kuh fand ich schick). Das alles um die ganze Meierei herum verteilt, hinterm Haus zockten schon irgendwelche Freaks entspannte Weisen. Und natürlich trudelten nahezu minütlich Bekannte von nah und fern ein – später wurde es knackevoll.

Die erste Band hab ich mir nur nebenbei gegeben – bin momentan etwas Ska-geschädigt…

Aber die The Disturbers waren dann für mich Pflicht, mit einer Träne im Knopfloch galt es den vorletzten Auftritt der Kieler Institution abzufeiern (letzter dann demnäxt in der Schaubude, wenn TACKLEBERRY zum Motto „Umdrehen, Aller!“ geladen werden). Eine weitere geile Band weniger! Natürlich gaben die DISTURBERS alles – Doktor Love sprang gitarrenspielenderweise in riesigen Sätzen direkt von der Bühne in den Mob und hätte mehrfach fast irgendwen aufgespießt, wenn die jeweiligen Opfer nicht flink zur Seite gehopst wären. Lewe schrie, bis seine Birne feuerrot war. Und Bocki als neuer Gitarrist wirkte irgendwie gar nicht neu. Für vier Euro verscherbelten die DISTURBERS ihren Longplayer „Hateboat“ als D.I.Y.-CDr (verschiedene Farben, ich hab schleimgrün gewählt). Davon gab et natürlich diverse Brecher, besonders gut kamen „Kids With Attitude“, „Old Enough To Die“ und „Best Before“. Ich winke Tschüß und freu mich auffe Bude!

Ich muss zugeben, dass mich im musikalischen Programm jetzt noch ausschließlich 1982 reizten, was aber nicht negativ gemeint ist. Im Gegenteil – ich fand es klasse, dass mal richtig Zeit zum Sabbeln war und vielen Leuten gefielen gerade die anderen Bands (Mestizo, Beatdance, Reggae…), sodass der Mob hinein- und hinauswogte. Ein Bekannter fragte nach Stunden doch glatt, ob drinnen denn auch ein Konzert sei , das hatte der echt nicht mitbekommen…

1982 waren dann die perfekte Wahl für den Abend! Eine fitte Coverband, die sich frühen deutschen Punkklassikern widmete. Die Stücke wurden völlig authentisch gezockt, wild, frisch, voller Wut. Geiler auf jeden Fall als die Schunkelversionen, die z.B. RUBBERSLIME aus den alten SLIME-Songs gemacht haben! Es wurde ein Klassiker nach dem anderen rausgerotzt. Vielen Leuten stand bei jedem Wiedererkennen die Freude ins Gesicht geschrieben und spätestens nach drei Stücken bebte der Boden… In den Pausen wurden 1982 ständig Bandnamen entgegen gebrüllt – VORKRIEGSJUGEND! SCHLEIM KEIM! TOXOPLASMA! Und das geilste war, dass fast alle „Wünsche“ erfüllt wurden! Besonders hab ich mich über NEUROTIC ARSEHOLES gefreut, geil war auch „Wir sind die Ratten“, „Computerstaat“ oder die ganzen SLIME-Songs („A.C.A.B.“, „Etikette tötet“, „Yankees raus!“, „Alptraum“, „Zu kalt“, „Gerechtigkeit“ und als Abschluss na logen „Deutschland“). Zeitlos geil, mit Feuereifer von der Band runtergehämmert – und eben einfach alles Stücke, mit denen nun wirklich fast jede/r vertraut war. Heiser, durchgeschwitzt und glücklich war ich danach!

Insgesamt eine grandiose Feier, die für einige noch bis in die frühen Morgenstunden andauerte. Auf die nächsten 25 Jahre!

http://www.dremufuestias.de