Offenbarung und Beglückung

Fall of Efrafa, Icos, Fake Empire, 03.04.08, Alte Meierei, Kiel

Geil! Was für ein Paket! Drei Bands, die sich dem absolutem Slow-Mo-Crust/D-Beat-HC verschrieben haben, geben sich die Ehre. Die Entdeckung der Langsamkeit? Nein, denn das Zeitalter der Entdeckungen ist vorbei. Aber es ist ein Manifest der Langsamkeit von dem man hier sprechen kann – nein, MUSS!

Den Anfang machen die Hannoveraner Fake Empire. Doch vorher sind noch diverse Soundprobleme auszusitzen; da passt dies und jenes nicht und die Mikrofone machen auch eher was sie woll’n. Bocki hat ordentlich zu tun, schafft es aber doch dem Fehlerteufel ein Schnippchen zu schlagen. Fake Empire können endlich loslegen. Eher ruhig klingt es zu Beginn. Die Köppe der Musiker hängen allesamt nach unten. Sieht aus, als wenn jeder für sich seinen Tönen nachhängt. Besonderes Merkmal dieser Band, ist der Effektbeladene Sound der Gitarre auf der rechten Seite. Klingt schön verhallt, mystisch und kalt. Ins Mikro grölen drei der vier Bandmitglieder. Kaum auszumachen, doch ich meine, dass ausschließlich deutsche Texte aus den wunden Kehlen kamen. Sicher bin ich mir auch nicht über die Songs an sich – oder war es gar nur EIN Song, der da die ganze Zeit (gut 45 min) gespielt wurde? So nach und nach schleichen sich einige Längen ein, da Fake Empire einige der ruhigen Passagen doch zu lang ziehen. Wie gut, dass es dann die ruppigen, harten Songteile gab, die einen doch wieder aus dem Delirium holten. Das findet auch ein Punk, der als einziger vor der Bühne rumtollt, die Arme in die Luft reißt und viel jubelt (was sich bei den nachfolgenden Bands wiederholt…). Für mich allerdings ist es noch nicht ganz der Slow-Mo-Hammer, aber viel fehlt dazu nicht mehr. Werde ich mir wieder angucken/-hören.

Icos waren schon mal hier und haben damals so ziemlich alle überrascht, die anwesend waren – und mich haben sie total aus den Stiefeln gehauen. Deshalb freue ich mich heute ganz besonders auf die Göteborger. Nachdem die Jungs erstmal die Beleuchtung außer Gefecht setzen, um sich nur noch von zwei, links und rechts unten, aufgestellten Scheinwerfern anstrahlen lassen, folgen die ersten verhaltenen Töne. Ihre superbe Scheibe „Fragments Of Sirens“ dreht häufig ihre Runde auf meinem Plattenteller und so strecke ich mich dem vertrauten Sound geradezu entgegen. Der Sound ist laut, fett und gut. Mal dröhnen die Gitarren und der Bass so unbändig, dass die Vibrationen die Münzen in meinen Hosentaschen zum Klingeln bringen, dann wieder herrscht fast andächtige Stille – bis zum nächsten eruptiven Ausbruch. Welch eine Kraft fließt dabei aus den Boxen. Unglaublich! Bin wieder hin und weg. Mein Kopf bewegt sich im Takt der massiven Down-Beats, der Körper windet sich. Hah – Offenbarung und Beglückung! Klasse Mischung. Absolut intensiv und mitreißend. Zwar spielen Icos `ne gute Stunde, doch mir kommt es eher vor wie zehn Minuten. Von mir aus hätten die Schweden viiieeelll länger spielen können. Ihr Auftritt heute steht auf meiner „Best Konzes-Liste“ ganz oben! Das das Konzert heute (an ’nem Wochentag) auf der großen Bühne stattfindet ist schon erstaunlich. Mehr noch aber der Umstand, dass bei Beginn des Gigs von FALL OF EFRAFA (es ist jetzt ca. 01.00 Uhr!) der Raum vor der Bühne komplett mit Leuten gefüllt ist. Das das nicht alles KielerInnen sein können, ist logisch, aber, Logo!, sehr erfreulich.

Fall of Efrafa spielen heute den einzigen Deutschland-Gig ihrer Konzertrundreise und das ist dann auch der simple Grund, weshalb so viele Außerkielische die Meierei bevölkern. Die Engländer scheinen also einen sehr guten Ruf in der Szene zu haben, wobei ich sie bisher nur dem Namen nach kenne. Allerdings ist mir bekannt, dass es eine DLP („Elil“) mit drei(!) Songs gibt, die sich über eine Stunde erstrecken. Monumental! Wie sich herausstellt, sind die Engländer nicht nur episch langsam, sondern packen auch ab und an die schnelle Crust Keule aus. Ansonsten regieren melancholische, post-rockige Sounds. In der Stunde, in der FoE spielen, gibt es eine Handvoll Songs – einer länger als der andere. Der Sound ist noch mal einen Ticken besser geworden – oben auf der Treppe vibriert das olle Holz schön vor sich hin. FoE klingen von allen anwesenden Bands des Abends am crustigsten – und das obwohl die Engländer ihren Sound selbst als Mischung aus Post-Rock, D-Beat-HC und/oder Post-Metal beschreiben. Das aber, so Sänger Alex, sei eh unwichtig, denn, egal was du bist oder hörst: wichtiger ist der DIY-Gedanke, quasi die richtige Einstellung. Im textlichen Konzept von FoE ist dies auch nachzulesen, handelt es sich doch um die Vertonung von Richard Adams Klassiker „Watership Down“. Von hier wurden die politischen Anspielungen in den FoE Kontext „übernommen“. Das ganze soll zu einer Trilogie wachsen, wobei der letzte Teil noch im Entstehen ist. Man darf gespannt sein … Das, was heute geboten wird ist eh nicht von dieser Welt. Wiederum völlig intensiv, mit der richtigen Mischung aus Melancholie und Wut, zelebrieren FoE ihren Sound. Die Meute ist gebannt. Andächtig zuhörend oder wild applaudierend feiert wiederum sie die Band. Jeder nimmt und jeder gibt. Eine kolossale Nacht, die noch lang im Gedächtnis bleiben wird. Doomiger Dank geht an Bands und Konzertgruppe!

Torsten http://www.dremufuestias.de