Netter Einstand mit der richtigen Einstellung

The Process, Alert / 05.09.07 – Kiel, Alte Meierei

Nachdem ein kurzer Höreindruck auf der The Process – My-space-site eine interessante Mischung verspricht, entscheide ich mich gegen den Veteranen – Core 😉 von SICK OF IT ALL in FL und für aktive Nachwuchsförderung in KI. Denn zum einen spielt mit Alert ein Kieler Trio auf, welches den gerade mal zweiten Gig ihrer Karriere spielt und zum anderen kann man den allerersten Gig der schwedischen Prozessler auf deutschem Boden bewundern.

Dass beim zweiten Konz einer Band noch nicht alles rund läuft, ist irgendwo natürlich und macht die Sache auch irgendwie sympathisch. Lieber einen rumpligen Start, als routiniertes Runterleiern. Immerhin geben die Drei von ALERT einen netten musikalischen Einstand, angereichert mit der richtigen Einstellung (gegen Nazis im Allgemeinen und gegen den „Club 88“ im speziellen; gegen gesellschaftliche Zwänge und Repression). Kurze energetische Punk-Songs, mit einigen harmonisierten Gitarrenklängen verlassen die gut gestimmte PA. Zwar geht gleich nach dem ersten Song die Gitarre flöten, aber flugs wird eine neue beschafft und der wilde Ritt geht weiter. Wie erwähnt, klingt manches noch etwas holprig, aber das kann ja nur heißen, dass es beim nächsten Mal besser wird. Da wird der Bassist sicher auch mal ins Publikum gucken, anstatt nur auf seine vier Saiten. Da geht noch was. Für’s erste war’s ok! Oder: Nach dem Zweiten hört man besser. 😉

Als „DER PROZESS“ beginnt, ist gleich eine andere, gespanntere Stimmung spürbar. Was werden diese Schweden wohl bringen. Da stand in der Ankündigung wat von melodischem HC, was das Hörbeispiel auf my space jedoch prompt ad absurdum führt … Und so isses denn auch in der Live-Situation: Energisch und laut startet „Der Prozess“! Nicht umsonst nennt sich die aktuelle Mini-CD „Taste the Knife“. Mittenrein springt der Sänger. Direkt vonner Backstagestube ins Publikum. Die „Bühne“ steht heute wieder rechts vom Eingang; das Schlagzeug auf einem Podest. Ebenjenes nutzt der Frontmann immer wieder als „Sprungbrett“; hüpft seinem Gitarristen beinah in den Nacken. Ansonsten muss das Mikrokabel leiden: mal wird es wild geschwungen, mal zie(h)rt es den Hals des Sängers oder verheddert sich am Mikroständer. Der Mann hat Spaß! Der Rest der Musiker aber auch – heut’ Nacht fliegen die Gitarren tief! Totale Action – nicht die Zuschauer rücken nach vorne vor; die Schweden kommen immer näher! Musikalisch gibt’s `ne Melange aus HC, Punk und Metal. Die oben erwähnten melodiösen Sachen gehen eher unter. So wie Frontmann Jacob brüll-schreit irgendwie auch kein Wunder. Aber damit auch jeder mitkriegt, worum es geht, gibt’s immer wieder Erklärungen zu den textlichen Inhalten. Hilfreich besonders bei den in Schwedisch performten Sachen (z.B.: Protest gg. die derzeitige Regierung in S). Da Jacob einige Zeit in Deutschland lebte, gibt’s auch ein paar Brocken unserer Landessprache, u.a. wird das „alte Milchhaus“ (hihi, auch `ne coole Umschreibung) gelobt (Essen, Anlage, Örtlichkeit). Mitsingspielchen gibt’s auch. Mit Unterstützung von MINOR THREAT’s „I don’t wanna hear it, …” Ich will das schon hören; das rockt nämlich gewaltigst! DISTURBERS – Gitarrero Dr. Loveboy kricht dat Mic besonders oft vor die Lippen… Doch das ist beileibe nicht die einzige Coverversion: den Landsmännern THE VICTIMS wird auch noch gehuldigt. Kenn’ ich zwar nicht, macht aber trotzdem Spaß! Deswegen kaufe ich auch gleich die CD, obwohl ich davon ausgehe, dass die Energie, welche „THE PROCESS“ live lostreten, dort nicht so gut rüberkommt – doch weit gefehlt, das Teil drückt amtlich und erinnert mich z.Tl. an Sachen wie BURST, wenn diese Punk spielen würden (Tipp: „Prayers won’t be heard“). Eine runde Sache also. Ich hoffe wir in Kiel kriegen irgendwann noch mal einen „Prozess“ gemacht (aus Schweden und nich’ von der deutschen Staatsanwaltschaft …) Bis dahin: ers’ma’ „Messer schmecken“.

Torsten
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