Klumpfuß-Beat ohne Technikgefrickel

Path of Golconda, Sufferage, Disrepute, Erben des Zorns, Morbus Down u.a / 30.04.07 – Kiel, Alte Meierei

Undank ist der Welt Lohn: Da organisiert Sven von den ERBEN DES ZORNS ein Festival mit sieben Bands, und es gibt doch tatsächlich Leute, die über den Eintrittspreis von 8,- Euro meckern! Hallo? ACHT Euro für SIEBEN Bands, von denen lediglich zwei aus Kiel kommen, DISREPUTE gar aus Plauen und PATH OF GOLCONDA aus Oberhausen. Na, ich fang lieber gar nicht erst an, mich aufzuregen, die Meckerer waren sicherlich nicht in der Mehrheit, die meisten BesucherInnen werden gerafft haben, dass dieses Konzi für die Veranstalter gut auch finanziell in die Hose hätte gehen können.

Zum Glück waren aber so 120 Leute anwesend, so dass die Sache nicht so defizitär ablief wie der „Einheitsblei“!

Ich traf relativ früh ein und freute mich, gleich die Leute von SUFFERAGE zu treffen, die allerdings unter einem Handicap zu leiden hatten: Sängerin Jasmin war zwar anwesend, konnte aber aufgrund einer Kehlkopfentzündung nicht singen. So hatte man kurzerhand einen Kumpel namens Fröhlich als Ersatz dabei. Na, ob das gut gehen würde?

Recht pünktlich ging es mit Infernal Disdain aus Neumünster los. Offenbar eine recht junge Band, denn das Bühnengebaren wirkte noch recht statisch und unsicher. Ein bisschen mehr Action bitte, Jungs! Die Mucke war Death Metal, der sehr Old School klang, erinnerte mich an ganz frühe Sachen von DEATH, so mit Klumpfuß-Beat und ohne Technikgefrickel. Da kann also durchaus noch wat draus werden.

Schwarzenberg aus Hamburg wirkten da doch gleich einen Tacken abgewichster und kommentierten das Abschmieren eines Gitarrenamps schulterzuckend mit den Worten „Scheiß drauf, is’ Black Meddel, Alder…“. Und thrashiger Black Metal war’s indeed, der auch noch recht ausgereiftes Songwriting präsentierte. Besonders einige prägnante Riffs blieben mir positiv im Gedächtnis hängen. Würd ich mir noch mal angucken.

Die dritte Band war vielen bekannt, schließlich haben Morbus Down sich mittlerweile auf zahlreichen Bühnen gut abgerackert. Mittlerweile war es recht voll und erstmals ging es vor der Bühne enthemmt zur Sache. Zwar war der Sound nicht optimal – es pfiff und quietschte vor Feedback -, doch der Mix aus Hardcore und Thrash knallte dennoch ganz gewaltig. Vielleicht verlieh der Sound dem Ganzen sogar noch einen Tritt in den Arsch, bzw. den Schuss Chaos, den ich persönlich passend fand. Man will ja nicht immer nur so einen klinischen/perfekten Klang haben. Jedenfalls schrie Semmel sich wieder die Birne rot, der Rest grölte zackige Backgroundchöre und Drummer Svenosch verlieh dem Gesang mit seiner zarten Stimme dat letzte Quentchen Dynamik. Die Jungs waren auch gut in Bewegung, das hat richtig Spaß beim Zuschauen gemacht. Übrigens nehmen MORBUS nach ihrer „Discount“-EP gerade SCHON WIEDER neues Zeug auf!

Als nächste erfreuten uns die Gastgeber des heutigen Abends – Erben des Zorns. Ähnlich wie MORBUS DOWN muss man eine stetige Weiterentwicklung konstatieren. Was da von der Bühne böllert, hat in den letzten Monaten/Jahren klar an Format gewonnen. Sänger Sven ist eh ein Vollblutfreak, der auch heute wieder nach wenigen Songs lieber im Publikum weitersang, statt auf der Bühne in der Nase zu bohren. Übrigens: Warum zum Deibel bezeichnet sich die Band auf ihrer Homepage selbst als „Neue deutsche Härte“? Dieser unselige tendenziöse Begriff führt meines Erachtens völlig in die Irre, denn auch wenn EDZ deutsche Texte haben, sindse doch musikalisch vor allem zeitloser Thrash fucking Metal.

Hm, irgendwie war ich während des Disrepute-Gigs nicht ganz so bei der Sache. Was nicht heißen soll, dass die Band schlecht war, im Gegenteil: Krass ballernder Death/Thrash wird im Hause Wolter generell gierig heruntergeschlungen – egal, ob frisch und heiß aussem Ofen gezerrt. Da dürfen die Geschmacksknospen auch mal Blasen schlagen. Aber man guckt sich sieben Bands nicht nacheinander an, ohne mal in Gespräche/Handlungen verwickelt zu werden, die auch den krassesten Multitasker daran hindern, sich auffe Musik zu konzentrieren.

So, Sufferage: Wie gesagt heute in spezieller Besetzung. Für Sängerin Jasmin erfüllte sich immerhin zum Teil das Paradoxon, was wohl jede/n Musiker/in irgendwann quält: Den Wunsch, die eigene Band gerne mal aus der Sicht des Publikums wahrzunehmen (obwohl natürlich die Tatsache, dass eben heute ein anderer Mensch ins Mikro röhrte, schon den Gesamteindruck veränderte und somit der Wunsch nur teilweise in Erfüllung gehen konnte). Aber Butter bei die Fische: Der Fröhlich legte sich ordentlich ins Zeug und so wurden Zangen und glühende Foltereisen murrend zur Seite gelegt, die der Pöbel bereits für den Fall gezückt hatte, dass der „Ersatzsänger“ es wagen sollte, die Stücke zu versaubeuteln. Der Rest der Band sägte, fräste und kaute eh genüsslich an unseren Ohren, so wie man es von SUFFERAGE gewohnt ist. Fröhlich schmiss sich irgendwann gar in den Dreck, um sich dort herumsuhlend dem Growlen zu widmen. Feiner Auftritt. Ach ja, falls Jasmin das liest: NATÜRLICH war das voll scheiße ohne dich, ne.

Tja, so schnell vergeht die Zeit, wenn man Spaß hat: Path of Golconda waren bereits die letzte Band des Abends. Die waren dann auf jeden Fall noch ziemlich amtlich. Allein die Tatsache, dass nach all dem Lärm der Mob vor der Bühne keine Ermüdungserscheinungen zeigte, sondern nochmal RICHTIG in Wallung geriet, ist wohl ein gutes Indiz für die Qualität der Band. Besonders der Sänger hatte ein enormes Stimmvolumen UND obendrein noch Charisma. Hm, was für Mucke das eigentlich war? Nu, die Basis war schon Death Metal, der flott nach vorne ging und zum Headbangen animierte, dann aber auch recht melodiös und spieltechnisch mit einigen Schweinereien versehen. Cooler Scheiß! Zum Abschluss gab es noch dat MISFITS-Cover „Helena“, mit dessen folgenden Zeilen ich denn auch schließen möchte, da die irgendwie passend erscheinen:„Dance to the burning flame – Pleasure exhumes the pain – The night bursts into flames – Dance Helena Dance“.

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