Punkiges Familientreffen

Gang Green, Threats und Typhoon Motor Dudes rockten in der Alten Meierei bis zum Anschlag

Kiel – Eine Traubenbildung vor der Alten Meierei wie in besten Winzerregionen. Dort gut gereifte Punks, daneben der nachwachsende Jahrgang, Ex-Skater mit veritabler Spaßplauze und die jungen Wilden mit frisch aufgescheuerten Handflächen. Ein üppiges Treffen der Generationen schon vor dem Eingang. Doch die Verlagerung nach draußen ist nicht allein der milden Luft geschuldet, und schon gar nicht den Lokalmatadoren Typhoon Motor Dudes, die mit gewohnt kreischender Melodiesäge durch ihren immer druckvoller werdenden Punkrock toben. Typhoon Motor Dudes: guter Name, gute Band.

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Wüteten mit Lichtgeschwindigkeit: Gang Green. Foto Bevis

Wer jetzt, um kurz nach Zehn, mehr hören und sehen will, dem wird freundlich, aber entschieden eine Hand gegen die Brust gedrückt. Kein Stempel, kein Einlass: ausverkauft! Und ausverkauft ist nur ein schwaches Wort für die Teufelsenge, die inmitten des wild pumpenden Meierei-Herzens immer wieder stoßweise entsteht: kein Vor, kein Zurück. Man will hier durch, von drüben weg, dort hin und kommt am Ende doch ganz woanders raus. Egal, denn wenn sich altgediente Heroen ankündigen und das Motto des Abends obendrein noch „Another Wasted Night“ lautet, spielen persönliche Ziele keine Rolle mehr.

Mit den Threats atmet man mit der Meiereiluft gegen 23 Uhr erstmals auch Geschichte. Die dienstälteste Punkband Schottlands, die kürzlich nach mehr als einem Vierteljahrhundert Pause ihr zweites Album veröffentlicht hat, nimmt die Leute mit auf eine bedingungslose Zeitreise. Viel dazugelernt haben die Threats nicht, aber das ist ja hier heute auch kein Meisterkurs. Sound und Songs wie anno dazumal, aber wer was anderes will, soll woanders hingehen. Die Threats machen versiert lärmigen Gründerzeit-Punk und sind dabei ziemlich alt geworden. So ist das eben – und das reicht.

Als gegen Mitternacht mit Gang Green das nominelle Highlight die Bühne besteigt, klebt der Fußboden schon gewaltig. Kein Grund, dass das schon den ganzen bierseligen Abend wellenartig von links nach rechts und zurück schwappende Tanzvolk vor der Bühne im ewigen Fluss unterbrochen wird. Es geht sogar noch mehr. Das ist nur fair, denn bei Gang Green geht schließlich auch mehr: Schneller, härter, kompromissloser gehen Bob Cenci (Gitarre), Walter Gustafson (Schlagzeug) und Matt Sandonato (Bass) um Sänger, Mastermind und Band-Urgestein Chris Doherty zu Werke. Dabei lassen die Bostoner Skatepunk-Heroen deutlich stärker als zuvor den Metal-Hammer schwingen. Wie eh und je eine spaßige Exzesspropaganda aus der sonst oft so humorlosen Straight-Edge-Hardcore-Ecke: No Limits seit 1982.

Und während Gang Green in Lichtgeschwindigkeit wüten und ballern, die wild feiernden Leute die alten Hits mitgrölen, den Köpper vom Bühnenrand proben und die Ersten doch so langsam vor der Geschwindigkeit der Nacht kapitulieren und sich aus dem dampfenden Meiereikessel nach draußen spülen lassen, wird etwas sehr klar. Hier geht es gar nicht so sehr um das Wie, sondern um das Dass. Willfährige Heldenverehrung, das kommt eben auch in den besten Sparten vor.

Von Manuel Weber