Rennen und springen durch den Saal

Headed Nowhere, Good with the Girls – 19-10.06 / Kiel, Alte Meierei

Noch leicht angeschlagen vom vorherigen Abend komme ich gegen neun anner Meierei an. Gute Zeit zum Ankommen, denke ich noch, als mir auffällt, dass außer mir nur zwei, drei weitere Personen das Geschehen „beherrschen“. Mann, is’ ja echt was los heute. Sind doch Ferien – und trotzdem keiner da. Was das wohl wird….

Es dauert wirklich noch eine ganze Weile, bis ein paar mehr Leute eintreffen (die man kennt…). Es wundern sich aber alle, dass so wenig los ist. Nützt ja nix – irgendwann geht’s dann doch los mit dem modernen Hardcore von GOOD WITH THE GIRLS. Ganz junge Burschen noch und doch kommt ihre HC – Interpretation gut und sauber rüber. In dem Metier (Post-HC-Dingens) kenn’ ich mich nicht gut aus, deshalb bin ich dankbar, als der Bandname GIVE UP THE GHOST fällt, zu dem ich die mir bekannten Finnen ENDSTAND assoziiere und der bei den Jungs bleibenden Eindruck hinterlassen haben muss, denn sie schieben gleich eine Coverversion von ihren Vorbildern hinterher. Und das ist schon eine Zugabe! Der Gig an sich war, glaub’ ich, gerade mal `ne halbe Stunde lang, oder so. Nichtsdestotrotz hat es Spaß gemacht GOOD WITH THE GIRLS zu hören, denn es gab einige nette groovige Parts, überraschende Taktwechsel und nette Gitarrenspielereien. Manko: der typische Schreigesang dieser HC-Richtung. Is’ ja da allgemein so; nervt aber auf Dauer. Und wenn der Sänger die Ansagen nicht so vernuschelt hätte, hätte ich auch mehr verstehen können.

Kurzer Gig, kurze Umbaupause, kurze Hose. Tja, dat war mal Bühnenreif: bevor HEADED NOWHERE loslegen, entblättert sich deren Gitarrist mitten auf der Bühne und steht am Schluss nur noch in Retro-Shorts, Stiefeln und Jeansjacke da (die fällt nachher auch noch). Pikante Einzelheit: auch ein Nietengürtel schmückt den fast komplett tätowierten Musiker und von dem herab hängen am Hinterteil ein paar Handschellen. That’s Entertainment, Folks! Doch davon mal abgesehen: einen solchen Sturmlauf, wie er nun folgen sollte, hat wohl keiner der Anwesenden erwartet! Ein wahrlich OLD SCHOOL – Brett vom allerfeinsten und allerderbsten hobelt durch die Meierei. Aller, fies aber korrekt! Das was die Italiener da abrennen grenzt beinah an wüste Crustorgien, ist aber hier ganz und gar dem Ur-HC mit Punkeinflüssen gewidmet. Bassist und Sänger rennen und springen durch den Saal und die Zugucker. Die scheinen erst etwas perplex, stimmen aber dann in den wilden Tanz mit ein! Circle Pit um Circle Pit macht die Runde. Zwischendrin die Musiker; schreiend und brüllend! Auch zwei Begleiter der Italo-Punks röhren kräftig ins Mikro. Zwischen den kurzen Songeruptionen gibt es vom Gitarristen korrekte Ansagen, die klar machen, dass das Old-School-Ding nicht nur Show ist. Da werden Szeneposer gedisst, Faschos in die Hölle gewünscht oder kundgetan, dass es egal ist, ob man HEADED NOWHERE CD’s kauft. Hauptsache man bleibt sich selber treu, macht eigene Musik, lehnt sich auf und gründet eine eigene Plattenfirma. Cool! Unterbrochen werden diese Statements nur von einem Spacken im Hatebreed-Sweater, der bei allen Ansagen durch nervige Zwischenrufe auffällt. Zudem versucht er seinen Windmillmosh und seine Karatetechnik zu kultivieren, scheitert allerdings kläglich. Einfach Panne, der Typ. Ganz im Gegensatz zu HEADED NOWHERE! Die ballern sich weiter durch ihr Programm, das aber ganz plötzlich vorbei ist. Der Gitarrist zieht einfach den Stecker aus dem Verstärker und sich wieder an. Neeee, das geht so nich’! Die Meute setzt noch ein, zwei Zugaben durch, bei denen gleich zu Beginn blöderweise eine Saite reißt, was die Italos wiederum zum Abbruch „animiert“. Doch auch GOOD WITH THE GIRLS wollen mehr und so wird flugs eine Gitarre von denen rübergereicht, kurz gestimmt und weiter geht’s. Der Gitarrist fragt noch, ob er sich wieder entkleiden soll, aber das spart er sich dann doch und haut lieber in die Saiten. Danach ist dann aber wirklich Schluss, was zwar bedauert wird, aber einig sind sich alle Anwesenden doch: Bemerkenswert geil!!!