„Notstand“ der Polizei: NPD-Demo verboten

Kiel – Die Stadt hat in Absprache mit der Kieler Polizei die für heute geplante Demonstration der rechtsextremen NPD verboten. Nach derzeitigen Erkenntnissen werden bis zu 1500 gewaltbereite Autonome aus ganz Norddeutschland erwartet. Eine Unterstützung aus anderen Bundesländern ist nicht möglich, um Krawalle zu verhindern.

„Wir haben einen echten polizeilichen Notstand und können mit den zur Verfügung stehenden Beamten nicht die Garantie übernehmen, Leben und Gesundheit von Menschen sowie bedeutende Sachwerte hinreichend zu schützen. Darum nutzt die Stadt dieses Instrument, den Aufmarsch zu verbieten“, sagte gestern Kiels Polizeichef Werner Tanck. Für ihn ein bisher einmaliges Vorkommen in seiner Karriere als Polizist. Zur Erinnerung: Bei der Demonstration am 29. Januar 2005 versuchten etwa 1500 einen Aufmarsch der NPD zu stören. „Damals hatten wir 2700 Polizisten und haben jeden Mann gebraucht, um die Gruppierungen auseinander zuhalten“, sagte Tanck.
Bis gestern Morgen war die Lage noch halbwegs entspannt. Tagsüber beobachteten die Beamten dann auf den einschlägigen Internetseiten und in Foren eine massive Mobilmachung der autonomen Szene. Da die Polizei auf mehreren Veranstaltungen in Norddeutschland für Sicherheit sorgen muss, sind Kräfte gebunden: In Neumünster gibt es eine Schüler-Demo, ein Fest der Landjugend findet statt, und ein Fußballturnier mit Lübeck steht auf dem Programm – auch hier sind Ausschreitungen der gewaltbereiten Lübecker Fans nicht ausgeschlossen. In Kiel sind heute die THW-Meisterfeier, der R.SH-Kindertag und die Obdachlosen-WM auf dem Bahnhofsplatz. Zudem sind bereits Polizisten im Zusammenhang mit der Fußball-WM abgezogen. So sorgt eine Hundertschaft für die Sicherheit der US-Kicker m Trainingslager in Norderstedt.
Bei einem Treffen am gestrigen Freitag versuchte Tanck aus diesen Gründen, eine NPD-Abordnung zu überzeugen, die Demonstration abzusagen. Dabei appellierte er an die Verantwortung der NPD-Spitze für ihre Anhänger. „Der Partei bleibt jetzt die Möglichkeit, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen und gegen die Entscheidung der Stadt zu klagen“, sagte der Polizeichef. Eine Entscheidung eines Bereitschaftsrichters lag gestern bis Redaktionsschluss nicht vor. Angemeldet sind 150 Anhänger des rechten Lagers.
Versammelt sich die rechte Szene trotz des Verbots, kann die Polizei die Kundgebung auflösen. Sollte das Verwaltungsgericht das Verbot der Stadt aufheben, setzen sich die Beamten mit allen zur Verfügung stehen Kräften für die Sicherheit der Kieler ein – ob das allerdings reichen wird, wird von der Polizei bezweifelt.
Die Polizei hat ab 9.30 Uhr ein Bürgertelefon unter Tel. 1602121 und 1602828 eingerichtet. Das Parkverbot im Demonstrationsgebiet bleibt bestehen. gsc