Neuer Stress im Dauerstreit

Alte Meierei plant Konzert trotz Verbots – 700 Teilnehmer demonstrierten für Erhalt des Kulturzentrums

Kiel – „Das ist die größte Meierei-Demo aller Zeiten“, schallte es triumphierend vom durch die Innenstadt tuckernden Lautsprecherwagen.
Von Martin Geist

Etwa 700 Teilnehmer aus ganz Norddeutschland waren am Sonnabend nach fast übereinstimmenden Schätzungen von Veranstaltern und Polizei auf die Straße gegangen, um für den Erhalt des alternativen Kulturzentrums einzutreten, das seit etwa einem Jahr mit einem von der Stadt verhängten Veranstaltungsverbot zu kämpfen hat.
Vertreter der Alten Meierei attakierten im Lauf des Nachmittags wiederholt die Stadt, der sie eine starre Verhandlungsposition und mangelnden Einigungswillen vorwarfen. Dass es bei dem Veranstaltungsverbot um Brandschutz gehe, sei ein vorgeschobenes Argument. Vielmehr solle die Alte Meierei als Dauer-Störfaktor endgültig platt gemacht werden. Erneut abgelehnt haben die Sprecher des Zentrums, die ins Visier der Brandschützer geratenen Holzöfen gegen Elektroradiatoren auszutauschen. Eine Heizung mit im Verbrauch extrem teuren und dazu noch unökologischen Stromgeräten könne nicht das letzte Wort sein.
Weil die Stadt aus Sicht der Meierei-Leute „nicht von ihrer repressiven Linie abrückt“, könnte in Kiel bald eine Phase neuer Konfrontation in diesem Dauerkonflikt anbrechen. Man sehe keine andere Möglichkeit mehr, als das Veranstaltungsverbot zu ignorieren und auf diese Weise die Stadt doch noch zum Einlenken zu bewegen, hieß es am Sonnabend. Konkret wurde für den 20. Mai eine ganztägige Konzert- und Solidaritätsaktion in der Alten Meierei angekündigt.
Völlig ohne Konflikte verlief dagegen die sonnabendliche Demonstration. Nach Angaben der Polizei, die mit zahlreichen Kräften Präsenz zeigte, ist während des mehrstündigen Protestzugs zu keinerlei Zwischenfällen gekommen.
Unterdessen hat der Chef des städtischen Presseamts, Tim Holborn, gegenüber den Kieler Nachrichten den Vorwurf mangelnder Beweglichkeit der Verwaltung zurückgewiesen. Wörtlich sagte er: „Wir wollen die Leute von der Alten Meierei nicht loswerden. Aber es gibt Dinge, die sind nicht verhandelbar. Und dazu gehört der Brandschutz, denn dabei geht es letzten Endes um Menschenleben.“ Lösen ließe sich der Streit nach Holborns Einschätzung, wenn es den Meierei-Bewohnern gelänge, sinnvolle Alternativen zu den vin ihnen ungeliebten Elektroradiatoren zu präsentieren.

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Kommentar von Martin Geist
Meierei: Ruck im Rathaus
Viel Radau um fast nichts. So lässt sich der Dauerstreit auf einen Nenner bringen. Allein schon die Kosten des Polizeieinsatzes zu einer einzigen Demonstration dürften kaum geringer sein als der Preis für besseren Brandschutz. Alle Beteiligten hätten gute Gründe, aufeinander zuzugehen. Das gilt nicht zuletzt für die Verantwortlichen im Rathaus. Immerhin ist die Stadt nicht nur als Ordnungsbehörde, sondern auch als Hauseigentümerin und als politische Körperschaft beteiligt. Wie wäre es also, wenn sich die Mehrheitsfraktionen im Rat einfach zu dem nicht anzweifelbaren bekenntnis durchringen würden, dass in einer Landeshauptstadt alternative Kulturformen ihre Daseinsberechtigung haben? Und wenn sie getrieben von dieser Erkenntnis der Stadt nahe legen würden, ein paar tausend Euro in eine Heizungsanlage zu investieren? Alle könnten am Ende zufrieden sein. Schließlich können die politisch tonangebenden Grünen und Schwarzen im Rathaus argumentieren, dass die Alte Meierei zu den ganz wenigen Kultureinrichtungen gehört, die für den Betrieb keinen einzigen Cent öffentlichen Zuschuss verlangen.^