Wut und Leidenschaft

Mallacán überzeugten mit einer Mischung von Ska bis Rock
Kiel – Der Vorzeigepunk mit dem umgehängten Ghettoblaster zieht von dannen, ihm ist selbst der mehr als moderate Eintrittpreis zu hoch. Verzerrte Klänge der Oi-Paten The Exploited begleiten seinen Weg, während sich das Publikum aus dem lauen Frühlingsabend heraus, hinein in die Pumpe begibt.


Frontmann Fernando zündete mit seinen Mallacán-Kollegen
in der Pumpe ein musikalisches Feuerwerk aus Ska,
Reggae, Punk und Rock. Foto Bevis

Zaragozas Rockband Nummer Eins Mallacán ist „in the house“, und mit politisch kompromissloser Lyrik ertönt der Schrei nach Veränderung. Veranstaltet von der Alten Meierei im Exil, überzeugt auch dieser Abend – abgesehen von der leichten Verspätung – durch ein qualitativ hohes Level, von der Organisation bis zum superben Auftritt Mallacans. Der Dudelsack gibt eine Hookline, wie keine Stromgitarre es vermag, die Rhythmusmaschinerie aus Bass und Schlagzeug groovt sich dazu den Wolf.
Mallacán hatten ein musikalisches Feuerwerk angekündigt – und nicht zuviel versprochen. Der Cocktail aus Ska, Reggae, Punk und Hardrock, flambiert mit traditionellen aragonesischen Einflüssen und nach vorne gedrückt durch Trompete und Trombone, zündet von der ersten Minute an und lässt die Pumpe brodeln. Bei aller Kritik an bestehenden Systemen, setzen sich die Musiker darüber hinaus dafür ein, die gefährdete Sprache ihres Landstrichs, Aragonesisch, zu erhalten, generieren zusätzlich vokalisch interessante Lautmalereien zwischen Katalanisch, Spanisch, Französisch und Englisch.
Den „Meierei Bleibt!“-Button, welcher im Eintrittspreis inbegriffen ist, noch schnell an die Lederjacke geheftet, dann geht es nach vorne in die Reihe der Feiernden. Zugegeben, der Ska-Varianten hat es derartig viele Auswüchse, dass die Schublade an sich mittlerweile zum Gähnen animieren mag, doch von dieser Vorstellung sollte man sich im Fall Mallacáns ganz schnell frei machen. Es geht vornehmlich um anhaltend fixe Tempi, akzentuiert durch die typische Aufschlag-Gitarre, aber auch die smootheren Reggae-Einlagen verlieren nichts von dem charmanten Biss, der das Konzert von der ersten bis zur letzten Minute prägt.
Mächtige, kraftvolle Hymnen wechseln mit viel Emotion. Mallacán sind Leidenschaft und Melodie, Lust und Wut, Energie und Vielfalt zugleich. Frontmann Fernando, der mit Fokuhila-Frisur und Oberlippenbart wirkt, als hätte sich ein Mitglied der örtlichen Heavy-Metal-Dorfmiliz verirrt, lässt seine klare Stimme erschallen und formvollendet die Songs der neuen Platte Pais Zierzo, die auf einem kleinen baskischen Label erschienen ist und hierzulande niemand kennen dürfte.
Schade, denn Mallacán toppen mit Leichtigkeit manchen Act, der in diesem Genre gerne hoch gehandelt wird. Denn eines hat dieses Konzert in der Tat und zwar etwas ganz, ganz Wichtiges: Leidenschaft!
Von Carsten Purfürst

Bilder vom Konzert findet ihr hier