Kiel: Schwarz-Grüner Amtsschimmel contra …

… Kultur
Pro Alte Meierei: Demo am 4.6.
Kiel: Schwarz-Grüner Amtsschimmel contra Kultur

Die schwarz-grüne Mehrheit im Kieler Rathaus ist auf dem besten Wege,
grundlos den letzten unabhängigen und nichtkommerziellen Ort für Kultur
in Kiel abzuwickeln

Nach über 20 Jahren nicht-subventionierter und ehrenamtlicher
Kulturarbeit ist den Verantwortlichen plötzlich eingefallen, dass der
Brandschutz nicht ausreichend sei – und sind nicht bereit, einen
lächerlich kleinen Betrag im Verhältnis zur Bedeutung der Meierei für
die Stadt (und darüber hinaus) zu leisten, um die vom Kieler
Amtsschimmel selbst geschaffenen Probleme zu beseitigen.

Für den Erhalt der Meierei wird am Samstag, den 4.6. ab 14 Uhr in der
Kieler Innenstadt eine Demonstration stattfinden.

Ein kleiner Abriss der Vorgeschichte:

Die Alte Meierei ist das letzte verbliebene Objekt, dass als Ausgleich
für die 1983 geräumten Häuser am Sophienblatt (jetzt Einkaufszentrum
Sophienhof) von der Stadt Kiel zur wohnlichen und kulturellen Nutzung
verpachtet wird. Seinerzeit von Teilen der „Linken Szene“ in Kiel
angefeindet, die in dem „offiziellen“ Charakter eines Pachtvertrages
Verrat und Opportunismus gegenüber „dem Staat“ sahen.

Nichtsdestotrotz: Seit ihrem Bestehen ist die Meierei zu einem festen
und unersetzlichen Teil Kiels geworden, gerade auch durch Kultur
jenseits von Moneten, Managern & Mainstream. In finanzieller Hinsicht
war die Meierei von Anfang an eine Skurilität: Es handelt sich wohl um
das einzige Zentrum dieser Größenordnung bundesweit, dass einerseits
nicht an städtischen Geldern hängt, andererseits sogar Pacht an die
Stadtkasse abführt!

In den über 20 Jahren ihres Bestehens haben unzählige Künstlerinnen und
Künstler in der Meierei ihr Gastspiel gehabt. Aus dem lokalen Bereich,
aus der Region, aber auch internationale Bands aus allen Kontinenten.
Wenn woanders interessante Acts aus feiger oder leidenschaftsloser
Rentabilitätsberechnung heraus keinen Auftritt bekamen, gab es häufig
genug Leute, die aus Liebhaberei oder politischem Anspruch heraus genau
diese Bands spielen ließen. Häufig mit großem Erfolg.

Manchmal mit zu viel Erfolg: Mitte der 90er Jahre – nach 10 Jahren
Quasi-Tolerierung öffentlicher Veranstaltungen – wurde manch einem
Meierei-Nutzer (auch mir) die Situation großer Veranstaltungen auch
hinsichtlich des Brandschutzes zu heikel. Die Folge war ein von den
BewohnerInnen selbst finanzierter und mit tatkräftiger Mithilfe aus dem
„Umfeld“ durchgeführter Umbau der großen Halle im Jahre 1995. Enge Wege
wurden beseitigt (wer erinnert sich noch an den alten
Ekelhallentresen?), Feuerlöscher positioniert, brennbare Materialien
(z.B. der Holz-Trash aus dem Oberlicht) beseitigt. Ich erinnere mich an
eine offizielle Hausbegehung durch das damalige Liegenschaftsamt, es
muss so 1996 gewesen sein, wo der anwesende Mensch von der Feuerwehr
eigentlich garnicht so entsetzt war. Und auch die Bühne wurde komplett
neu umgebaut, um u.a. auch Theatervorführungen zu ermöglichen. Später
kamen dann auch noch vom alten Schauspielhaus geerbte Klokabinen dazu;
um im diesen Zusammenhang den auf der Meierei-Seite kolportierten Spruch
seitens der Kieler Grünen („Habt ihr denn wirklich etwas gegen saubere
Klos?“) zu kommentieren: Ja richtig, Leute, diese Klos aus den heiligen
Hallen der „Hochkultur“ habt ihr auch mal in grüner Vorzeit benutzt, als
Ihr jene Ideale noch nicht verraten hattet, für die die Meierei immer
noch steht.

Eigentlich herrschte bis vor kurzem so etwas wie ein „Burgfrieden“
zwischen der Meierei und der Stadt Kiel. Die Meierei ist nicht auf die
Idee gekommen, Kohle einzufordern. Und die Stadt hat böse Briefe
geschrieben, die aber nichts am Status Quo änderten. Davon hatten beide
Seiten gut: Die Stadt sparte Geld und konnte sich – nicht nur „unter der
Hand“ – mit Toleranz und kultureller Vielfalt brüsten (eines Tages
fragte mich die Tourist-Information, ob wir nicht mal unsere Termine
schicken könnten!) und die Meierei wurde im großen und ganzen in Ruhe
gelassen.

An der jetzigen Situation hatte die Meierei anfangs eine Mitschuld:
Einige Veranstalter mit „Nach-mir-die-Sintflut“-Mentalität strapazierten
die durchaus jahrelang vorhandene Toleranz der Nachbarschaft mit
Konzerten bis in die Puppen. Schlimmer noch: ein Draht zur Nachbarschaft
war offensichtlich nicht mehr vorhanden. Anscheinend verirrten sich auch
keine Nachbarn mehr auf Veranstaltungen, wie es in den 90er-Jahren noch
regelmäßig der Fall war. Einige Nachbarn gingen bei der Stadt auf die
Barrikaden – und die Folge war, dass die Meierei für Schalldämmung
sorgte (sorgen musste). Dieser Akt, der Konflikt mit den Nachbarn, war
nun vorbei. Vorhang auf für den vorerst letzten Akt: Schwarz-Grün lässt
den Amtsschimmel wiehern.

Nun wurde plötzlich Druck ausgeübt, dass die Meierei alle erforderliche
Konzessionen einholt. Warum so plötzlich?
Nach Verhandlungen, die für die Meierei-Seite sicherlich schmerzhafte
Kompromisse bedeutete, war die Meierei bereit, die offiziellen
Genehmigungen einzuholen. Da dafür auch ein Brandschutz, der formellen
Anprüchen gerecht wird, notwendig ist, verständigte man sich darauf,
dass über die Aufteilung der Kosten weiter verhandelt wird. Konkret geht
es um 60.000 Euro, die die Stadt erstmalig (in über 20 Jahren!) für ihr
subkulturelles Aushängeschild aufbringen müsste.

Kurzum: Die Kieler CDU und mitsamt ihrer sich immer „verständnisvoll“
gebenden grünlackierten Opportunisten haben es vergeigt. Man will lieber
weiterhin wie zu SPD-Zeiten das Geld für größenwahnsinnige Projekte in
der Förde versenken und lieber jedem dubiosen Investor in den
Allerwertesten kriechen (was ist eigentlich aus Ision geworden? Und
warum ist das östliche Hörnufer ein Schotterplatz mit Stromanschluss
inklusive Hochhausruine?), als öffentliche Gelder sinnvoll zu verwenden.
Als „Kompromissvorschlag“ kam nun, dass man ja die Meierei als reines
Wohnprojekt erhalten könne. Was würden die Verantwortlichen im Rat davon
halten, wenn die Kieler Woche nur noch ein reiner Segelwettbewerb wäre,
der die Kaufkraft von ganzen 500 Seglern nach Kiel bringen würde?
Scheiße, oder?

Eine Meierei ohne Kultur wäre schlimmer als eine Kieler Woche ohne
Saufen. Für so einen „Kompromissvorschlag“ wünsche ich den
Verantwortlichen schon fast, dass sich genug halbstarke Politkiddies
berufen fühlen, für Katastrophenberichterstattung auf der Titelseite der
KN zu sorgen.

Besonders erbärmlich ist der Niedergang der Kieler Grünen in dieser
Frage: Von der CDU hat man eh‘ nix anderes erwartet. Es gab da mal eine
grüne Ratsfrau namens Edina Dieckhoff, die auch abseits von ödem
Machtgeschachere dafür gesorgt hatte, dass es einen regelmäßigen Kontakt
der Kulturzentren untereinander gab – Vorgespräche auch für ein grünes
Kulturkonzept. Ich kann mich auch daran erinnern, dass wir Edina damals
fast schon bremsen mussten, als sie im Zuge eines anvisierten Verkaufs
der Meierei und der Auseinandersetzung drumherum (1995) sinngemäß
meinte: „So, dann muss eben im Sinne der Gleichbehandlung mit anderen
Kulturzentren die Meierei Geld von der Stadt bekommen“. Da hatten wir
damals keinen Bock drauf.

Ich werde sicherlich nicht mehr auf die Idee kommen, in Kiel grün zu
wählen. Habe ich darüber hinaus sowieso nie gemacht.

Zusammengefasst: Ich bin eigentlich vorsichtig mit einseitigen
Schuldzuweisungen. Dieser Fall liegt aber klar. Schuld hat schwarz-grün.

Politiker kommen und gehen – Meierei bleibt!!!

Niki Hielscher
(Meierei-Pächter & Veranstalter 1991-2000)