Markig gegen Missstände

Bonehouse stellen ihr fünftes Album The Fuse Is Lit! vor
Keine Frage: Bonehouse sind Kult. Die Kieler Hardcore-Metal-Band wütet seit elf Jahren mit ihren Gitarrenbreitseiten, Knüppelrhythmik und Phillip Wolters markigem Organ gegen soziale Missstände und Moden- mutationen. Nun steht das fünfte Album The Fuse is lit! kurz vor der Veröffentlichung. Die Kieler Nachrichten trafen sich mit Wolter, Späthi (Gitarre), Ulf Nagel (Produzent) und Boller (Manager) im Partykeller des kürzlich ausgestiegenen Gitarristen Pete, der sich fortan mehr um seine Familie kümmern möchte und deshalb schweren Herzens das Handtuch warf.

The Fuse Is Lit! hat die Hardcore-Band
Bonehouse ihren neuesten und bisher
besten Longplayer getauft.

Auf der neuen CD ist er noch zu hören, und zur Frage der Nachfolge zunächst die klare Ansage: „Einen Ersatz für so einen Typen wie Pete gibt es nicht.“ Schlagzeuger Kalle und Bassist Martin sind heute Abend verhindert, dafür hat Philipp Kartoffelchips mitgebracht. „Pass auf, es ist das abwechslungsreichste Album, das wir bisher aufgenommen haben“, wird der Schreiber dieser Zeilen vorgeeicht. Das Bier ist verteilt, der Ghettoblaster pfeift aus allen Löchern – und Bonehouse stellen die Songs von The Fuse is lit! vor. Unter 14 Songs fallen diese besonders auf:

Riot Police
Ein Sound, der verblüfft ob seiner für diese Art der Musik bestechenden Transparenz. Dann wird brutal eingestiegen, dem Klang gewordenen Frust freier Lauf gelassen. Es ist klassischer Hardcore-Metal ohne Schnörkel mit satten Gitarrenriffs.
Philipp: „Ein typischer Bonehouse-Song, Begrüßung auf Hardcore. Den Opener zu bestimmen, ist ja so eine Sache. Wir haben uns entschieden. Anmachen und Pogo!“

Cock Rock Bullshit
Einer der „langsamsten“ Bonehouse-Songs, der stark in Richtung Rock driftet, wäre da nicht die Stimme. Spätestens jetzt wird einem Fan der Band klar, dass hier andere Weichen gestellt wurden. Die musikalische Weiterentwicklung ist offensichtlich, fällt angenehm auf und macht Lust auf mehr.
Philipp: „Für Bonehouse ungewöhnlich, eher eine Rocknummer. Erst die Staatsgewalt, dann die Kapitalisten, nun die Poser und ihre verlogenen selbstbeweihräuchernden Shows.“
Boller: „Das Gitarrensolo nervt!“

Go Bastards Go!
Den Herzschlag ist auf Anhieb verstört, der Puls klopft im mittelschweren Punkrock-Takt. Ein mitreißender Refrain, die Gitarren rocken und rollen zum Refrain-Ohrwurm. Vielleicht der beste Song des Albums.
Philipp: „Das ist ganz klar eine der Bonehouse-Hymnen.“
Ulf: „Den Song habe ich mir bis zum Schluss aufgespart. Die Band wollte unbedingt, dass ich da im Intro eine Rede halte. Das habe ich in einer bierseligen Laune auch getan. Ach, eigentlich haben wir uns schnell aus den Fingern gesogen, was da kommen muss.“

Young, Fast, Iranian
Der Cover-Song, ein Achtziger-Relikt der „Hall of Fame“ des Punkrock. Vor allem zu Beginn rockt die Band und gereicht der Nummer zu vollen Ehren.
Späthi: „Kalle kam mit dem Song in den Proberaum, eine 20 Jahre alte FU’s/Strawdogs-Nummer. Hat auf jeden Fall textliche Brisanz.“
Philipp: „Deshalb haben wir noch eine Strophe dazugeschrieben, um der Ironie etwas die Plattheit zu nehmen. Unser Zusatz lautet: ‚Young, Dead, American‘.“

The Fuse Is Lit
Erste Frage: Warum wird mit dieser Nummer nicht das Album eröffnet? Definitiv ein besserer Einstieg als Riot Police, vor allem aufgrund des Intros, das in bester AC/DC-Manier den Spannungsbogen zum Ausbruch bravourös gestaltet.
Philipp: „Die Zündschnur brennt! Der Titelsong. Es geht um die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation in Deutschland. Man hat das Gefühl, dass hier alles kurz vor der Explosion steht. Wir hatten überlegt, mit dem Song zu eröffnen, haben uns dann aber für Riot Police entschieden.
Boller: „Es geht um das gesellschaftliche Problem, den Sozialabbau in Deutschland.“

Ode To The Unbroken
Unglaublich: Eine Instrumentalnummer auf einem Bonehouse-Album. Schöne, bisweilen schräge Harmonien lockern zum Ende des Albums hin das Gesamtgefüge auf.
Späthi: „Das passiert, wenn man zwei Gitarristen eine Nacht im Proberaum einschließt. Nun werden die Punks auf den Partys sagen: „Oh Mann, wie öde!“ (lacht)

Dann ist das Unwetter vorüber und das Fazit einfach: The Fuse Is Lit! ist das bisher beste und abwechslungsreichste Bonehouse-Album. Jetzt ruft das Knochenhaus zur Party auf, wenn in der Alten Meierei mit den Kollegen von Raw Side die CD-Release-Party gefeiert wird.
Heute, Alte Meierei, 20 Uhr

Von Carsten Purfürst