Zwischen Hammer und Amboss

Hallo Kwitten und The Pine errichteten Soundwälle in der Alten Meierei Kiel
Das Millionenspiel Fußball beherrscht derzeit alles. Selbst die Alte Meierei verschiebt am Mittwoch für das EM-Halbfinale die Termine. Das Motto „Ohne Deutschland gucken wir EM“ lässt den Punkrock erst kurz vor 23 Uhr ins Haus. Aufgrund des übersichtlichen Zuschauerzuspruchs findet das Konzert klugerweise direkt am Eingangsbereich statt.

Mehr Publikumsnähe geht nicht:
Das US-Quintett The Pines spielte
statt auf der Bühne inmitten der
Zuhörer.

So blicken Hallo Kwitten in einen kompakten Rezipientenblock. Das Flensburger Trio ist eine von den Haudrauf-Kombos, laut, schnell und brachial. Das Publikum bleibt trotz Nähe und Soundsturm eher verhalten. Die Jungs nehmen’s gelassen und spielen und spielen. Inhalt lässt sich im Gesang kaum ausmachen, die Arrangements lassen Wut und Trotz nur vermuten. Man muss ja nicht immer zornig sein, wenn man jung ist, aber bei Hallo Kwitten stellt sich schon die Frage nach dem Profil. „Ist ja auch mehr so eine Spaß-Band“, verlautet es aus vertrautem Kreis.

Es geht zart auf Mitternacht zu, als sich der Haupt-Act The Pine vor und im Zuschauerblock installiert. Das Quintett aus den USA macht es einem zwar textlich auch nicht leichter. Doch man kann von Amerika ja halten was man will, was sie tun, tun sie immer irgendwie cool; selbst mit hochgezogenen weißen Tennissocken zu Chucks und kurzen Hosen. Als Post-Hardcore/Emo wird die Musik der Pines tituliert. Ein massiver Soundwall, energisch und druckvoll und vor allem in den rhythmischen Verzierungen und Off-Beat-Stopps sehr aufregend. Erinnert an Bands wie Sonic Youth und Hüsker Dü, die melodiöse Schwingung des Krachs hat etwas Magisches. Obertöne auf der Gitarre, drückende Walking Bass-Linien und über allem das unbarmherzig zerstörende Schlagzeug. Vermutlich gibt es in den Staaten zahllose solcher Bands, aber hierzulande ist es noch immer etwas Besonderes. Die Stille im Publikum ist dann auch schnell gewichen, und das Moshen inmitten der Band gibt manchem offenbar das süße Gefühl, Teil der Musik zu sein.

Eine knappe Stunde dauert der Fön, dann wird es wieder still. Auf dem Heimweg fragt man sich, was das ganze eigentlich mit Fußball zu tun hatte. Von Manuel Weber