Schöne Anarcho-Keule gegen Bullen, Staat und sonstige Scheiße

Crust aus Polen stand auf dem Plakat – da musste ich gleich hin, zumal ich am Wochenende nix Konzerte besuchen konnte und mir somit weder SKITSYSTEM noch WILWARIN reinziehen konnte. Die Hochzeit, zu der ich geladen war, ist zwar nett gewesen, aber nu spürte ich den fies grinsenden Affen auf der Schulter: KONZI-ENTZUG! Nur noch 10,- Euro und ein paar Zerquetschte befanden sich in meiner Tasch – doch wat hab ich dafür nich alles bekommen! ZWEI Bands für geniale 3,- Euro Eintritt, eine INFEKCTA-7″, ein RORSCHACH-Tape (mit der kompletten Discographie und allen Texten auf polnisch und englisch!), zwei Buttons und ein paar Humpen waren sogar auch noch drin.

Das Konz fand im Café statt, also im oberen Bereich der Meierei direkt vorm Tresen. Da gab’s dann natürlich nur Backline und ’ne Gesangsanlage, aber das war schon okay so, denn viele Leuts waren eh nicht da. Dafür ein umso erlauchteres Publikum, he he, man kannte fast jeden und sogar zwei Freaks aus Suhl waren da.

Erst gab es Affluenza zu begucken. He, von denen hab ich sogar mal eine Art Keller/Proberaum-CD bekommen. Hab ich zwar nie hier rezensiert, aber was soll man machen. Man hat schließlich auch noch andere Hobbies. Auch ich muss mal schlafen, essen, Haare kämmen und so. Also verweiger ich mich einfach dem stetig wachsenden Stapel der theoretisch zu besprechenden Scheiben. Leck mich doch, do! Affluenza holperten erst mal in den ersten Song, fingen sich dann aber und wurden eigentlich immer besser. Man muss festhalten: Ohne Bass, eine ganz junge Band, sicherlich einer der ersten Gigs, kein Monitorsound, gewisse Nervosität – das bedeutet, dass den Jungs hier ganz dick Respekt gezollt werden muss. Erstmal loslegen mit geschnorrtem Equipment, sich auskotzen und auf die Scheiße scheißen. So geht das durchaus, so ist mir das sympathisch. Und in den Songs waren mehr als nur gute Ansätze zu entdecken! Am besten gefielen mir Affluenza, wenn sie ordentlich in die Mikros gebrüllt haben. Nennt es ScreamoCore oder was anderes. Man versuchte sich gar nicht erst in Entertainment-Jokes, sondern brachte u.a, ’ne politische Ansage, was Solidarität alles bewirken könne. „Nicht schlecht für das Alter“, sagte jemand, aber leider gibt es auch 35-, 45- oder 95-Jährige, denen ein solches politisches Bewusstsein völlig abhanden geht. WEITERMACHEN.

Infekcta schafften es dann, das Maximale aus den technischen Voraussetzungen zu holen. Der Sound war absolut okay, da kam richtig Druck rüber. Der Sänger stiefelte barfuß auf und ab und kreischgrunzte sich ordentlich einen ab. Geil! Hab zwar nur „Satan! Satan!“ verstanden, aber da steckte bestimmt mehr hinter (und ein Blick ins ausführliche Booklet der Single bestätigt es: Schöne Anarcho-Keule gegen Bullen, Staat und sonstige Scheiße). Auf Ansagen verzichtete man fast gänzlich. Dafür wurde uns ein Brett nach dem anderen serviert und das ganz schön lange! Für das Genre ein bemerkenswert ausführlicher Gig. Wurde trotzdem nie langweilig! Crust, maim, grind! Ein Song musste abgebrochen werden, irgendwas hatte der Schlagzeuger kaputtgehauen. „Passt schon!“ rief Fab den Polen aufmunternd zu, als die sich entschuldigten. „Was? Arschloch? Wieso?“ kam es in gebrochenem Deutsch zurück. Mensch, Fab, „passt schon“ versteht doch noch nicht einmal ein Norddeutscher! So, des Sängers Fußsohlen hatten schon ordentlich schwarze Färbung angenommen – der hat sicherlich den einen oder anderen Gollerfleck samt Kippen, Bierranz und so aufgesogen – als dat Konz endete. Von den Anwesenden war wohl kaum jemand enttäuscht. Ich auch nich.