Warum tanzt ihr nicht, ihr Ficker?

Moinst.

Da Philipp ja nun nicht da war, erbarme ich mich mal. Ich war allerdings nicht ganz bis zum Ende da. Falls da also noch etwas aufregendes passiert sein sollte, bitte ich um Ergänzung.
Am Freitag schwang ich mich ins Auto um der Meierei einen Besuch abzustatten. Angekündigt waren ‚Diagens‘ aus Moskau und ‚Hausvabot‘ aus Berlin. Erstere wurden als ‚Streetpunx‘ angekündigt, letztere pflegen gar den Beinamen ‚Pogopunx‘ zu tragen. Nun denn. Gespannt war ich allemal, kannte ich doch weder die eine noch die andere Band.


Pünktlich wie immer kam ich an der Meierei an. Das Plakat behauptete irgendwas von 20 Uhr. Die Meierei nicht. Man wartete -den soundcheck von innen vernehmend- auf Einlaß und… fror.

So sehr ich mich in meinem letzten Konzert review über die schnell herbeigeschaffte Kasse und das daraus resultierende öffnen der Pforten zu den heiligen Hallen gefreut hatte, so sehr war ich diesmal angepisst. Wenn man auf die Plakate 20 Uhr schreibt, sollte man auch versuchen um 20 Uhr zu öffnen und nicht erst um 21 Uhr. Zumindest wenn draußen Temparaturen von ca. -48°C herrschen. Und nein, ich war trotzdem keiner von denen die gegen die Türen getreten haben. Das waren die Punker die von sonstwo angereist waren und sich vor Einlaß lautstark beschwerten, dass sie ‚ihren Arsch nach Kiel bewegt haben‘, ‚ihren Arsch beim schnorren abgefroren haben‘, ‚und jetzt ihren Arsch vor der Tür der Meierei nicht zu verlieren gedenken‘. Mmmh. Vielleicht bin ich da zu sensibel, aber man muss dann doch nicht mit voller Wucht gegen Trabi und Tür treten. Davon wird es nicht besser. Naja, um kurz vor neun, war dann mit einem quitschenden Geräusch auch diese Hürde genommen. Wir (ca 8 Leute) waren drin.

Mein erster Gang führte mich zur Theke um Bier zu besorgen. Der zweite dann zum Ofen links neben der Bühne. Ihm galt -draußen verharrend- meine ganze Hoffnung. Ein Griff an das, normalerweise so wohlig warme, Geländer dieses Monstrums ließ dann allerdings alle Hoffnungen platzen. Kalt. Was war passiert? Der Schornstein war abmontiert. Ist das ein Beitrag zur Erfüllung der Brandschutzbestimmungen oder eher ein Unfall? Es hieß also, weiterhin frieren. Später konnte mein momentaner Gesprächspartner eine Frau übrigens gerade noch davon abhalten in dem Ofen trotz abmontiertem Schornstein ein Feuerchen zu entfachen. Das brennende Papier, was als Brandbeschleuniger zum Einsatz kommen sollte, war allerdings schon im Ofen als wir sie bemerkten. Es dampfte einmal kurz aus dem oberen Loch des guten Stückes, es stank, Frau verzog sich wild fluchend, es blieb weiterhin kalt.

So gegen halb 11 kletterten dann vier Leute auf die Bühne, die man schnell als ‚Diagens‘ ausmachen konnte, da einer von ihnen -der Sänger- einen Pullover mit russischer Aufschrift trug. Er merkte kurz verwundert an, dass es in Deutschland ebenso kalt sei wie in Russland und sie fingen an zu zocken. Der Sound war von der ersten Sekunde an eher schlecht und besserte sich leider auch nicht wirklich, was ich sehr schade fand, da die Jungs musikalisch einiges auf dem Kasten zu haben scheinen. Zumindest der Leadguitarist frickelte sich die Finger wund und hätte von dem was man gesehen -leider nicht gehört- hat auch gut in eine Metal Band gepasst. Es verging eigentlich kaum ein Lied ohne feistes Solo. Der Sänger, welcher sich gleichermaßen am viersaiter betätigte kündigte die Lieder in gebrochenem Englisch an. Die Ansagen waren eher knapp, dafür aber sehr… aussagekräftig.

– The next song about the scene and the community
– The next song about George Bush
– The next song about Big citys
– The next song about russia

Dazwischen ein bisschen was auf russisch erzählt und schon gings weiter.
Mein allergrößter Respekt, einer Band die aus einem fernen Land unter vermutlich eher schlechten Bedingungen durch Europa tourt und sich durch die vorhandene Spracharriere nicht abhalten lässt.

Während Diagens spielten, sah ich mich ein wenig um und war recht überrascht, das so wenig Leute gekommen waren. Ich zählte, grob, 60 Nasen. Der ‚Iro-Faktor‘ lag diesmal bei etwa 14. Recht hoch.

Hinter mir stand zeitweise eine Frau, die aus ihrer Berufung zur Heulboje keinen Hehl machte und nach jedem (!) Lied die Anwesenden mit einem schrillen lauten Geräusch erfreute. Dann ging sie zur Bühne, praktizierte etwas, was einige böse Zungen als Ausdruckstanz bezeichneten und zerwarf eine Bierflasche mit den Worten „Warum tanzt ihr nicht, ihr Ficker?“
Recht hatte sie. Es tanzte tatsächlich niemand. Alle -mich eingeschlossen- standen ‚rum und wippten mit dem Fuß und nickten mit dem Kopf. Schade. Irgendwie nicht so richtig stimmungsvoll. Habe ich gerade ‚Alle‘ geschrieben? Quatsch. Da war ja noch die andere Besoffene, die sich mit seltsamen Gesten in Szene zu setzen wusste. Zeitweise hatte ich das Gefühl, sie spiele Groupie für die hübschen Diagens Jungs. Auch wenn die nun wirklich nicht ihr Alter haben. Sie rempelte also auch ein wenig vor der Bühne umher, bis sie sich irgendwann -ein wenig heftig rempelnd- mit jemandem anlegte und diesen dann regelrecht angriff. Zu Boden geschubst und Schluß. Komische Aktion, das. Der betreffende sah für meine Begriffe, eher überrascht aus, als die Gute zu Boden fiel, wollte er sich doch ’nur‘ ihrer entledigen.

Das set von Diagens ging seinem Ende zu und nach einer Pause, kamen dann Hausvabot. Von denen kann ich nicht soviel schreiben wie von Diagens, weil ich mich nach ca. 5 Liedern vom Acker machte. Schließlich sollte am nächsten Tag um 12 Uhr mittags in Lübeck die Revolution stattfinden (Dazu schreibt hoffentlich noch jemand anders etwas).
Hausvabot kamen etwas spritziger und lustiger bei mir an. Man nehme etwas geknüppelten Deutschpunk, würze das ganze mit einer Prise Humor, rühre kräftig um, stelle drei Punker auf die Bühne und schon hat man Hausvabot? Nein, so einfach kann man es sich nicht machen, aber die Grundrezeptur ist es sicherlich. Gab es noch die angekündigte Tombola? Hätte ich gerne noch mitbekommen. Aber ich musste leider gehen als schon wieder ein Arschloch mit seinem Hund in die Meierei kam. Das drückte bei mir die Stimmung noch etwas und ich machte mich auf einen eiskalten Heimweg. Schreibt was über Hausvabot! Lernt russisch!

The next song about….

kisses, der andere Philipp