Ein echtes Hardcore-Feuerwerk

10 Jahre ist es glaube ich her, dass ich in Kiel in der Meierei war. Es war auf jeden Fall LIFE…BUT HOW TO LIVE IT! Und da ich MDC am Mittwoch in Hamburg nicht sehen konnte, bin ich eben mal schnell nach Kiel gecruist. Leider hat die Kieler Obrigkeit einen Narren an der sympathischen und selbstverwalteten Meierei gefressen und möchte sie schnellstmöglich schließen. Damit es keinen Nährboden mehr für linkes Gewaltpotential geben kann, heißt es offiziell. So ein Blödsinn können sich nur Beamten ausdenken. Menschen, die sich für etwas eigenes engagieren, Steine in den Weg zu legen, ist ja in Deutschland schon Tradition und entsteht einfach aus Neid, dass es andere Menschen gibt, die einen Weg gefunden haben, sich mit der Realität bestmöglich zu arrangieren und nicht in Apathie zu verfallen. Ich hoffe die Alte Meierei zu Kiel wird es noch lange geben!

Pünktlich zum Anpfiff oder Startschuss von den lokalen Newstern von DISTURBERS traf ich in der gut gefüllten Meierei ein. Schnell ein Flens gesichert und den punkrockigen Klängen gelauscht, die mich ehrlich gesagt nicht gerade umhauten. Old School Punk Rock hauten die fünf von den DISTURBERS bei ihrem zweiten Auftritt aus den Saiten. Aber routiniert kamen sie schon rüber, trafen an diesem Abend aber nicht meinen Nerv, da ihnen der Drive in der Musik als auch auf der Bühne fehlte. Auch ein D.O.A.-Cover konnte mich nicht umstimmen. Das konnten aber ANTI-CONTROL aus Schweinfurth City. Ihr eigenständiger Hardcore Punk, eine Mischung aus Crust Punk und Emo-Core, brannte sich eine Schneise in meinen Kopf, so dass ich für kurze Zeit alles um mich herum vergessen konnte. Vor allem der Sänger, der mit vollem Körpereinsatz eine unglaubliche Energie verströmte, wusste zu überzeugen und mitzureißen. ANTI-CONTROL haben doch mal wieder gezeigt, dass man aus den vielen Punk-Versatzstücken etwas Eigenes und Explosives kreieren kann. ANTI-CONTROL haben mir wirklich gut gefallen!
Punk und Show sind in meinen Augen einfach unvereinbar und es haben noch nicht viele, wenn überhaupt nur zwei oder drei Bands jemals geschafft. Auch die amerikanischen X-POSSILBLES um ihre Barbie-Punkerin scheiterten an dieser Hürde. Zurecht wie ich finde. Punk Rock so langweilig und aufgesetzt zu präsentieren ist echt ein Verbrechen! Nur die schnelleren Stücke hatten ein gewisses Etwas. Weibliche Koketterie ist ja in Ordnung, aber nicht so aufgesetzt wie in diesem Fall. X-POSSILBLES sind überflüssig!
„Dick for Brains“ – „I Hate Work“ – „Business on Parade“ – „Corporate Deathburger“ – ”John Wayne Was a Nazi“
Das ist ein Setlist, die sich viele Bands nur wünschen können. MDC haben sie und dazu noch zwei Dutzend weitere Hits. Mit einer Energie, wie ich sie mir von doch etwas älteren Jahrgängen nicht mehr erwartet habe, entfachten die vier Amis ein echtes Hardcore-Feuerwerk. Politisch engagiert traten die Mannen um Dave Dictor allen Spießern ins Gesicht und lieferten eine perfekte Daseinberechtigung. Nicht nur anno 1980 waren MDC essentiell, sondern sie sind es auch heute noch. Eine Menge Pogoverrückte honorierten dementsprechend eine klasse Hardcore-Leistung. In allem und ganzen endete so ein gelungener Hardcore-Abend in Kiel mit der Gewissheit die Meierei in Zukunft öfter zu besuchen.

(Habi) von in-your-face.de