Eine neue Stellungnahme der Wagengruppe Schlagloch vom 14.05.2017

Am Montag, den 08.05., wurde von der Krieger Gruppe Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch gegen uns, die Besetzer*innen des Prüner Schlag, gestellt. Am Mittwoch, den 10.05., gab es ein zweites Gespräch mit den Vetreter*innen der Stadt Kiel. In diesem zweiten Gespräch wurde uns gegenüber deutlich gemacht, dass es keine weiteren Verhandlungen gäbe, insofern wir weiter durch die Besetzung dieses Geländes Druck aufbauten und dass wir durch diese „illegale Handlung“ nicht als zuverlässige Verhandlungspartner*innen gelten könnten. Wir möchten unsere Ansichten dazu in dieser Stellungnahme darlegen.

Die Besetzung dieses Geländes hat für uns mehrere wichtige Gründe, die wir bereits öffentlich gemacht haben. Der Rückhalt der vielen Kieler*innen, die uns hier besucht und unterstützt haben, verdeutlicht wie dringend der Freiraum, der auf diesem Gelände geschaffen wurde, gebraucht und gewünscht wird. Wir gehen davon aus, dass Verhandlungen in diesem Ausmaß ohne diesen öffentlichen Druck und die große Solidarität der vielen Kieler*innen gar nicht erst zu Stande gekommen wären.

Bezahlbarer Wohnraum in Kiel ist mehr als knapp, die Mieten steigen stetig und das Wagenleben ist nicht nur eine alternative, ökologisch-nachhaltigere Wohnform, sondern auch eine Möglichkeit mit dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum eigenverantwortlich umzugehen. Die finanzielle Prekarität, in der sich Studierende, Auszubildende, Sozialhilfeempfänger*innen, Rentner*innen und viele Lohnarbeitende befinden und die sich durch den stetigen Rückbau des Sozialsystems weiter verschlimmert, ist ein Problem, das eine immer größer werdende Anzahl an Menschen betrifft. Zudem werden seitens der Kieler Stadtpolitik Luxusbauprojekte, Möbelhäusern und teuren Eigentumswohnungen mit dem Verweis auf die „zwingendermaßen“ wirtschaftliche Handlungsweise der Politik gerne und schnell Vorrang gegeben, wohingegen alternative Entwürfe mit geringen finanziellen Mitteln, als auch soziale Projekte jahrelang kämpfen müssen. Insofern sehen wir die Besetzung dieses Geländes nicht als „Erpressung“, sondern vielmehr als schon lange überfälligen Ausdruck dafür, dass die Stadtpolitik sich nicht am Bedarf an bezahlbarem Wohnraum und Freiraum der Bewohner*innen dieser Stadt ausrichtet.

Zudem gibt es durchaus unkonventionelle Projekte in Kiel, die durch eine Besetzung auf ihre Ideen aufmerksam machen mussten, um sich als alternative Projekte etablieren zu können. Die Hansa48 mit ihren damals als unkonventionell geltenden Ideen, aber auch die Alte Meierei, sind ebenfalls aus Besetzungen hervorgegangen. Das Argument der Stadt, dass ein Rechtsbruch also keinesfalls die Grundlage für offizielle Verhandlungen sein könne, ist an dieser Stelle erkennbar zu hinterfragen.

Da die Stadt es für so wichtig befindet, nicht mit „Rechtsbrüchigen“ zu verhandeln, stellt sich uns die Frage, wie es der Krieger-Gruppe trotz etlichen Gesetzesbrüchen, wie zum Beispiel Umweltverstößen, möglich war, den Bau des Möbelhauses auf dieser Fläche auszuhandeln.

Wir machen hiermit noch einmal unsere Verhandlungsbereitschaft deutlich und signalisieren Offenheit und Kompromissbereitschaft. Auch zur Gründung eines Vereins, um als rechtlich verlässliche Partner*innen verhandeln zu können, haben wir uns bereit erklärt. Verhandlung bedeutet für uns allerdings das gegenseitige Abstimmen von realistischen Möglichkeiten und die Bereitschaft, sich zu einigen. Das Angebot, sich erst dann mit einem offenem Ausgang zusammenzusetzen, nachdem wir wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden sind, ist für uns lediglich ein Versuch der Verdrängung.

Bis die Stadt uns eine alternative Fläche anbietet, sehen wir uns daher gezwungen diese Fläche, so lange es uns mit friedlichen Mitteln möglich ist, zu halten, da die einzige andere Möglichkeit das Abstellen unserer Wagen am Straßenrand wäre. Dies wäre rechtlich gesehen jedoch immer noch illegal.

Signalisierte die Stadt anfangs Gesprächsinteresse, scheint sie sich nun darauf zu berufen, dass mit Gesetzesbrecher*innen nicht verhandelt werden könne und wir die Fläche erst räumen müssten, um Gespräche – natürlich vollkommen ergebnisoffen – erwarten zu dürfen. Wir wollen die Stadt Kiel hiermit auffordern und anregen ihre Handlungskompetenz nicht ausschließlich von der Frage nach „Recht und Ordnung“ abhängig zu machen.